An induced pluripotent stem cell model to phenocopy and study Johanson-Blizzard syndrome (JBS) in vitro
Das Johanson-Blizzard-Syndrom (JBS) ist eine Krankheit mit autosomal-rezessivem Erbgang. Sie beruht auf Entwicklungsstörungen der Bauchspeicheldrüse, Nase und Kopfschwarte und geht mit einer Minderung der Intelligenz, Hörverlust und Kleinwuchs einher.
Das wichtigste Symptom des JBS ist eine exokrine Pankreasinsuffizienz, die zu einem Mangel an Verdauungssekret sowie einer unzureichenden Fettresorption führt.
Hervorgerufen wird diese Störung, wie die Arbeitsgruppe Prof. Zenker und Dr. Kleger nachweisen konnte, durch Mutationen im UBR1-Gen. Dieses Gen codiert die Ubiquitin-Ligase UBR1, die die Aufgabe hat, Ubiquitine an Proteine zu heften. Auf diese Weise können Ligasen die Eigenschaften der Proteine ändern oder aber festlegen, welche Proteine etwa aufgrund einer falschen 3-D-Struktur abgebaut werden. Normalerweise wird das Ligase-Gen UBR1 in den Azinus-Zellen der Bauchspeicheldrüse, die das Sekret mit den Verdauungsenzymen bilden und freisetzen, so stark wie nirgendwo sonst im Körper exprimiert. Beim JBS wird die UBR1 dagegen aufgrund mutationsbedingter Störungen nur unzureichend oder überhaupt nicht synthetisiert, so dass sich im Pankreas chronisch-entzündliche Prozesse entwickeln, in deren Verlauf Organgewebe gegen Fett- und Bindegewebe ausgetauscht wird.
Aufgrund ihrer bisherigen Untersuchungen geht das Wissenschaftlerteam davon aus, dass UBR1 die Azinuszellen vor schädigenden Einflüssen bewahrt. Da bisher kein Tiermodell in der Lage ist, das Krankheitsbild des Johanson-Blizzard-Syndroms vollständig abzubilden, werden die molekularen Mechanismen, die zum JBS führen, anhand induzierter pluripotenter Stammzellen (iPS-Zellen) von JBS-Patienten analysiert. iPS-Zellen haben bereits mehrfach zur Aufklärung pathogenetischer Mechanismen beigetragen und sind, da sie sehr genau die Konstellation bei Patienten reproduzieren, äußerst interessant für die Entwicklung neuer Therapiemöglichkeiten. Dazu wollen die Forscher zunächst einmal aus Proben von JBS-Patienten, bei denen das UBR1-Gen in unterschiedlicher Weise mutiert ist und daher auch die Erkrankung unterschiedlich stark ausgeprägt ist, induzierte pluripotente Stammzellen gewinnen.
Diese Zellen sollen dann durch ein Differenzierungsprogramm geführt werden, anhand dessen sich dann beurteilen lässt, in welcher Phase der Entwicklung die vom JBS bekannten Störungen auftreten: ob die Erkrankung etwa eher durch Fehler in der vorgeburtlichen Entwicklung oder aber durch eine generell fehlerhafte Translation hervorgerufen wird. Zudem soll die Ultrastruktur der Zellen, die sich aus den iPS-Zellen von Gesunden und JBS-Patienten zu exokrinen Zellen entwickelt haben, charakterisiert und mögliche funktionelle Defekte aufgespürt werden. Um den JBS-Phänotyp charakterisieren und mögliche therapeutische Ansätze erkennen zu können, soll ein Profil der gesamten Zell-RNA erstellt werden. Davon versprechen sich Prof. Zenker und Dr. Kleger Hinweise darauf, welche Signalwege und genregulatorischen Mechanismen beim JBS gestört sind, sowie genauere Einblicke in die physiologischen und pathogenetischen Prozesse bei exokrinen Pankreaszellen.