Audio-visueller Quellenfundus zur deutschen Soziologie seit 1945
Der Fundus wird im Sozialwissenschaftlichen Archiv der Universität Konstanz aufbewahrt und ist dort zugänglich.
Ziel des Projektes ist die Fortsetzung der Zeitzeugenbefragung von Sozialwissenschaftlerinnen und Sozialwissenschaftlern, die Prof. Karl-Siegbert Rehberg gemeinsam mit Dr. Joachim Fischer (Dresden/Halle) und Prof. Stephan Moebius (Graz) durchführt und die insbesondere Fragen der Wiedereinrichtung des Faches, dessen Professionalisierung, Theorie- und Methodenentwicklung und öffentliche Wirksamkeit seit der Gründung der Bundesrepublik Deutschland sowie die Fachentwicklung seit der Wiedervereinigung Deutschlands mit Blick auch auf die Stellung der Soziologie in der DDR zum Gegenstand hat.
Das Projekt wird von der Annahme geleitet, dass es sich bei der bundesrepublikanischen Soziologie der Jahre 1945-1990 nicht nur um eine bedeutende Epoche der Soziologie handelt, sondern um eine Schlüsseldisziplin für die intellektuelle und politische Entwicklung in der Bundesrepublik. Dies gilt zum einen für die Demokratisierung der deutschen Gesellschaft, ist aber auch vor dem Hintergrund der „Systemauseinandersetzung“ im Kalten Krieg zu sehen. Deshalb wird im Rahmen des Projektes nun auch die (wenngleich institutionell sehr eingeschränkte) Soziologie in der DDR ebenso in das Interviewprogramm einbezogen wie die Neugründung in den neuen Bundesländern nach 1990.
In dieser Forschungsperspektive wurde Soziologiegeschichte als Institutionen- und Denkgeschichte im Rahmen gesamtgesellschaftlicher Wandlungsprozesse bereits im Startprojekt in den Jahren 2010 und 2011 untersucht, in dessen Rahmen bereits 16 Soziologinnen und Soziologen zumeist der älteren Generation befragt wurden. Es handelt sich um Peter L. Berger, Iring Fetscher, Jürgen Habermas, Hansfried Kellner, Hermann Korte, Wolf Lepenies, Kurt Lenk, M. Rainer Lepsius, Thomas Luckmann, Hermann Lübbe, Burkhart Lutz, Werner Mangold, Renate Mayntz, Friedhelm Neidhardt, Oskar Negt und Bernhard Schäfers.
Für die sich nun anschließende zweijährige Abschlussphase des Projektes sind weitere 55 Interviews unter Einschluss von Fachvertretern aus Österreich und der Schweiz vorgesehen. Erstens wird nach innerfachlichen theoretischen und methodischen Entwicklungen gefragt und nach der Einschätzung der Soziologie als multiparadigmatisches Fach. Zweitens wird die organisatorisch-institutionelle Entwicklung betrachtet, insbesondere die Rolle der Deutschen Gesellschaft für Soziologie, des Wissenschaftszentrums Berlin oder auch des Max-Planck-Instituts für Gesellschaftsforschung in Köln. Ferner ist der Bedeutung wissenschaftlicher Kontroversen und der Rolle der Soziologie in der bundesrepublikanischen Gesellschaftsentwicklung nachzugehen. Schließlich wird ein Urteil über die heutige Lage des Faches erbeten.
Die dokumentierten biographischen Interviews bilden die Basis für einen fortlaufend zu erweiternden Fundus audio-visuell dokumentierter Zeitzeugenberichte zur Fachgeschichte der Soziologie, der im Sozialwissenschaftlichen Archiv der Universität Konstanz aufbewahrt und zugänglich gemacht wird.