Funding Funded Projects Auswirkungen und Risiken des Hochfrequenz-Handels auf globalen Aktienmärkten

Auswirkungen und Risiken des Hochfrequenz-Handels auf globalen Aktienmärkten

Ziel des Projektes ist es, den Einfluss des Hochfrequenzhandels auf die Volatilität und Liquidität am Aktienmarkt zu untersuchen und Erkenntnisse über seine Rolle beim Preisfindungsprozess zu erlangen.

Der Begriff Hochfrequenzhandel bezieht sich auf automatisierte Handelsstrategien, bei denen nach bestimmten Computeralgorithmen eine große Anzahl von Transaktionen innerhalb eines Tages durchgeführt werden, um (sehr) kurzfristige Arbitragemöglichkeiten auszunutzen oder Aufträge mit hohen Volumina mit möglichst geringen Transaktionskosten im Markt zu platzieren. Nach einem Bericht der Securities and Exchange Commission (SEC) liegt der Anteil des Hochfrequenzhandels am gesamten Handelsvolumen der amerikanischen Aktienbörsen derzeit bei über 50%.
Obschon auch nach Auffassung der SEC damit der Hochfrequenzhandel eine wesentliche Komponente gegenwärtiger Machtstrukturen darstellt, die deren Leistungsfähigkeit zukünftig maßgeblich beeinflussen wird, ist das wissenschaftliche Verständnis der Auswirkungen des Hochfrequenzhandels auf die Funktionsweise der Märkte und die dadurch implizierten Risiken nach wie vor sehr gering. Die diesbezüglich entwickelten Hypothesen sind teils widersprüchlich: Als positiver Effekt wird dem Hochfrequenzhandel – typischerweise von der Hochfrequenz-Industrie – zugeschrieben, dass er die Liquidität auf den Finanzmärkten erhöht, die Transaktionskosten verringert sowie durch die schnelle Einpreisung fundamentaler Informationen zu einer schnellen Preisfindung führt und damit letztlich volatilitätshemmend wirkt. Als negative Hypothese können durch die Automatisierung und Schnelligkeit der Orderplatzierungen Kaskadeneffekte entstehen, die sich destabilisierend auf den Markt auswirken. Als Beispiel mag der „Blitz-Crash“ des Dow Jones Index im Mai 2010 dienen. Bis heute ist unklar, ob der schlagartige Abfall des Index binnen Minuten durch den Hochfrequenzhandel ausgelöst (und verstärkt) wurde, oder ob das Ausmaß der Destabilisierung durch den Hochfrequenzhandel vielmehr auf nur wenige Minuten begrenzt und damit der Crash abgemildert wurde.
Die durch den Hochfrequenzhandel induzierte Liquidität steht ferner unter dem Verdacht, eine flüchtige „Scheinliquidität“ darzustellen, die in Stresssituationen am Markt schnell verschwindet oder nicht mehr zur Verfügung steht, wenn sie gebraucht wird. Zu nennen sind hier die „Fleeting Orders“ der NASDAQ, die nach aktuellen Schätzungen den Großteil der Orders an der NASDAQ ausmachen und nur für wenige Sekunden(bruchteile) eingestellt werden, um potentiell verfügbare Liquidität aufzuspüren.
Vollständig unerforscht ist ferner der Einfluss des Hochfrequenzhandels auf die Korrelation zwischen Renditen verschiedener Wertpapiere. Werden beispielsweise Diversifikationseffekte dadurch reduziert, dass die von Hedgefonds durchgeführte statistische Arbitrage die Abhängigkeit zwischen verschiedenen Papieren erhöht? Aufgrund mangelnder Datenverfügbarkeit ist zudem die Rolle von Nachrichten-Maschinen völlig unerforscht, die unternehmensspezifische Nachrichten schlagwortorientiert scannen und mit Hilfe statistischer Texterkennungsalgorithmen in komprimierte Indikatoren übersetzen. Hier besteht eine offensichtliche Abhängigkeit der automatisierten Algorithmen von in identischer Weise interpretierten Nachrichten, womit die Frage einhergeht, inwiefern sich diese faktische Koordinierung der Handelsmuster destabilisierend auf die Märkte auswirkt.
Angesichts der wachsenden Bedeutung des Hochfrequenzhandels auf den internationalen Finanzmärkten zielt Prof. Nikolaus Hautsch vom Lehrstuhl für Ökonometrie der Humboldt-Universität zu Berlin mit seinem Projekt auf die Auflösung der dargelegten Widersprüche und die Beantwortung der unerforschten Fragen, indem er, aufbauend auf den Erfahrungen einer Forschergruppe am Lehrstuhl, systematische Analysen über die Auswirkungen des Hochfrequenzhandels auf die Marktqualität und die möglicherweise damit induzierten Risiken leistet. Aufgrund der Komplexität und Größe der zu analysierenden Daten existieren bislang zu diesem Thema nur sehr wenige empirische Studien.
Der Schwerpunkt des Projektes besteht in der Untersuchung der Einflüsse des Hochfrequenzhandels auf die Volatilität und Liquidität der globalen Aktienmärkte und in der Interpretation seiner Rolle im Preisfindungsprozess. Dazu werden methodische Entwicklungen geleistet, um Liquidität, Volatilität und Korrelation auf Intra-Tagesebene adäquat zu messen und zu modellieren. Dies erfolgt über eine Weiterentwicklung moderner Verfahren zur ökonometrischen Modellierung von Hochfrequenzen, die vorwiegend aus der (multivariaten) Zeitreihenanalyse und der nicht- und semi-parametrischen Statistik stammen. Diese werden auf historische ITCH- und PITCH-Daten aus dem direkten Handel der NASDAQ und BATS angewendet.
Die Veröffentlichung der Projektergebnisse wird über drei bis vier Arbeitspapiere erfolgen. Zudem ist eine Präsentation auf international bedeutenden Konferenzen vorgesehen (z.B. auf der Jahrestagung der Society for Financial Econometrics, der Econometric Society, der EC^2 und des Vereins für Socialpolitik).

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