Constructions with adverbial clauses in Mongolic languages (Khalkha, Buryat, Kalmyk)
Ziel des Projekts ist eine Erfassung des Inventars von Adverbialsätzen der drei größten mongolischen Sprachen in einem ‚digitalen Konstruktikon‘, klassifiziert nach ihren strukturalen und semantischen Eigenschaften.
Adverbialsatzkonstruktionen (temporale, kausale, konditionale, konzessive, finale oder modale Nebensätze) werden in mongolischen Sprachen nahezu ausschließlich von infiniten Sätzen oder Satzteilen ausgedrückt: durch Partizipien oder ‚Konverbien‘, d. h. andere nichtfinite Verbformen, die weder Attribute noch Verbalnomen sind und v. a. adverbiale Funktion haben.
Gegenstand der Untersuchung sind: Khalkha-Mongolisch (laut einer Volkszählung von 2010 ca. 2,7 Mio. Muttersprachler); das nordmongolische Burjatisch (in Südsibirien ca. 363 000 Muttersprachler zuzüglich ca. 100 000 ethnische Burjaten in der Mongolei und China; die Sprache wird – da die Burjaten heute zweisprachig sind – zunehmend zugunsten der dominanten Sprachen Russisch oder Chinesisch aufgegeben); das westmongolische Kalmückisch (Republik Kalmückien, Südrussland, im Westen des kaspischen Meeres; 2010 noch ca. 180 000 Muttersprachler; in die Liste der bedrohten Sprachen der UNESCO aufgenommen). Alle drei Sprachen nutzen heute die kyrillische Schreibung.
Methodologisch und inhaltlich aufgebaut werden kann auf ein von der Stiftung bereits gefördertes Projekt „Digitales Konstruktikon dreier mongolischer Sprachen (Temporalkonstruktionen)“. Darin erwies sich, dass die drei genannten Sprachen in temporalen Nebensätzen semantische Zusatzaspekte kennen, die in anderen Sprachen nicht existieren und von der Forschung noch nicht beschrieben wurden: etwa ‚Mirativität‘, die kennzeichnet, ob ein Ereignis gemäß dem Weltbild der Sprecher als ‚normaler‘, erwartbarer Ablauf eintritt oder ob es ungewöhnlich und unerwartet ist. Vorarbeiten erwiesen nun, dass sich ähnlich komplexe Differenzierungen auch in anderen mongolischen Adverbialsatztypen finden und dass etwa Kausalkonstruktionen sich mit Wertungen verbinden können: im Sinne von „weil… (was der Sprecher als positiv ansieht)“, oder „weil… (da es zu viel/zu intensiv war)“. Zudem zeigen viele Konverbialformen des Mongolischen eine ausgeprägte Polysemie und kombinieren etwa Vorzeitigkeit mit Kausalität oder Konditionalität.
Zunächst werden für jeden semantischen Adverbialsatztyp ca. 200 Beispiele jeder Sprache zusammengestellt (aus schriftlichen Genres, da diese eine größere Bandbreite von adverbialen Beziehungen präziser modellieren als mündliche Äußerungen). Nach einer ersten statistischen Auswertung dieses Primärkorpus wird die Datenbasis um selten bezeugte, semantisch mehrdeutige Konstruktionen erweitert, die von Muttersprachlern elizitiert werden. Auf dieser Grundlage wird eine semantisch-strukturale Typologie der Konstruktionen zunächst in den Einzelsprachen erarbeitet; dann werden diese Taxonomien zu einer allgemeinen Typologie der mongolischen Adverbialsätze zusammengeführt. Prof. Skribnik erwartet, darin sowohl Spuren des Alt-Mongolischen zu finden als auch kontaktinduzierte Spezifika (etwa Einflüsse des Russischen, von tibetischen oder von Turk-Sprachen). Das Konstruktikon wird nicht nur Gemeinsamkeiten und Unterschiede der drei betrachteten Sprachen sichtbar machen, sondern darüber hinaus erlauben, Grammatikalisierungspfade im System von deren Adverbialkonstruktionen zu identifizieren.