Das Jenaer Romantikertreffen (11. – 14./15. November 1799): Dokumentation und Analyse
Das Projekt soll eine detaillierte, chronologische Dokumentation dieses Treffens aus zeitgenössischen Quellen erbringen.
Im November 1799 fand in Jena ein Autoren-Treffen statt, das als das wichtigste Ereignis in der Entwicklung der Romantik und ein Höhepunkt frühromantischer Gruppenaktivität gilt, da es so viele ihrer Exponenten zusammenführte wie zu keinem anderen Zeitpunkt. Novalis präsentierte dort die Rede „Die Christenheit oder Europa“, die laut Briefzeugnissen stark divergierende Reaktionen hervorrief. Insbesondere verfasste F. W. J. Schelling ein langes Knittelvers-Gedicht „Epikurisch Glaubensbekenntniß Heinz Widerporsts“, das sich explizit-polemisch auf Novalis’ Schriften (und auf Schleiermachers „Reden über die Religion“) bezog. Eine gruppeninterne Lösung, welcher der beiden gegensätzlichen Texte von Novalis oder Schelling in das zentrale Medium der Gruppe, die Zeitschrift „Athenäum“, aufgenommen werden solle, scheiterte. A. W. Schlegel schlug als externen Lösungsweg vor, das Votum Goethes einzuholen, der von der Gruppe einhellig als Autorität anerkannt war. Auf dessen Bescheid hin blieben beide Texte zunächst ungedruckt.
Prof. von Petersdorff verfolgt mit diesem Projekt ein doppeltes Ziel: Erstens möchte er eine detaillierte, chronologische Dokumentation des Treffens aus zeitgenössischen Quellen erarbeiten. Zentral sind hierfür v. a. die Briefwechsel der Akteure: nicht nur die gruppeninternen, sondern auch die mit Außenpartnern, etwa A. W. Schlegels Korrespondenz mit Goethe. Denn trotz bestehender Forschung zur Frühromantik sind die konkreten Interaktionen der Akteure kaum dokumentiert worden, noch nicht einmal für das bedeutende Jenaer Treffen, u.a. weil einige der hierfür wichtigen Briefbestände erst in neuerer Zeit erschlossen wurden (F. und D. Schlegel, Schelling, Schleiermacher) bzw. sich noch in der Erschließung befinden (Tieck, A. W. Schlegel).
Auf der Grundlage der Dokumentation soll dann – als zweites Projektziel – die These überprüft werden, dass auf jenem Treffen ein zentraler Konfliktpunkt im romantischen Programm sichtbar geworden ist, dessen analytische Durchdringung auch ein heuristisches Instrumentarium für eine sich in die Moderne fortsetzende Problemlage bilden kann. Der Konflikt hatte sich – so die These – daran entzündet, dass die Frühromantiker die Existenz eines Seins als Einheitsgrund der physischen und geistigen Wirklichkeit annahmen, das vom menschlichen Bewusstsein jedoch nicht angemessen repräsentiert werden konnte, für das aber gleichwohl ästhetische Anschauungsformen gefunden werden mussten.
Die Projektergebnisse sollen in einer Monographie dargestellt werden.