Funding Funded Projects Die Herausbildung und Dynamik urbaner Gesellschaften am Mittleren Tigris: Ausgrabungen im Bassetki-Cluster (Region Dohuk, Irak-Kurdistan)

Die Herausbildung und Dynamik urbaner Gesellschaften am Mittleren Tigris: Ausgrabungen im Bassetki-Cluster (Region Dohuk, Irak-Kurdistan)

Im Fokus steht die Erforschung von drei in einem Umkreis von fünf Kilometern gelegenen Siedlungshügeln, die besonders gut geeignet sind, um die Urbanisierung Nordmesopotamiens vom 4. bis zum 2. Jahrtausend v. Chr. besser nachvollziehen zu können.

Mit Beginn des Bürgerkriegs in Syrien im Jahr 2011 sind die archäologischen Untersuchungen in Nordostsyrien abrupt zum Erliegen gekommen. Da seitdem kein neues Material die Diskussion befruchten konnte, hat sich die Forschung zu mesopotamischen Stadtkulturen der Frühen und Mittleren Bronzezeit auf andere Regionen verlagert, namentlich auf den Nord-Irak im Bereich der kurdischen Autonomiegebiete. Allerdings hat sich die Forschung dabei auf den östlichen Teil der Region konzentriert, also auf jene Gebiete, die vom eigentlichen nordmesopotamischen Raum weit entfernt liegen. Im Gegensatz dazu nimmt die Studie den am Tigris gelegenen westlichen Teil des Autonomiegebietes in den Blick. Im dortigen »Bassetki-Cluster« wurden im Sommer 2015 bereits erste Feldarbeiten durchgeführt, die nun im Rahmen dieses Projekts fortgeführt werden.
Im Fokus steht die Erforschung von drei in einem Umkreis von fünf Kilometern gelegenen Siedlungshügeln, die besonders gut geeignet sind, um die Urbanisierung Nordmesopotamiens vom 4. bis zum 2. Jahrtausend v. Chr. besser nachvollziehen zu können, da sich die drei Fundstätten sowohl chronologisch als auch funktional auf ideale Weise ergänzen: Während es sich bei Bassetki selbst um das größte städtische Zentrum der Frühen bis Späten Bronzezeit linksseitig des Tigris in der Dohuk-Region handelt, ist Muqable III eine untergeordnete Siedlung in dessen Umland gewesen, die allerdings eine ungebrochene Siedlungskontinuität vom letzten Abschnitt des Späten Chalkolithikums bis in die Frühe Bronzezeit aufweist, so dass hier die Möglichkeit besteht, die direkten Bezüge zwischen beiden Perioden herausarbeiten zu können. Demgegenüber stellt Muqable I eine spät-chalkolithische Vorgängersiedlung dar, durch deren Hinterlassenschaft sich die Vorstufen der frühbronzezeitlichen Urbanisierung nachvollziehen lassen.
In der Feldkampagne wird die Ausgrabung von Bassetki anhand von Grabungsschnitten im Süden und Osten des Fundplatzes weitergeführt und eine durchgehende Stratigraphie und Chronologie der Stadtanlage erarbeitet. Darüber hinaus wird die geomagnetische Prospektion in der Unterstadt fortgeführt, um Größe und Struktur der Stadt während der Frühen und Mittleren Bronzezeit bestimmen und das Umfeld des Fundplatzes der Bassetki-Basis zu beleuchten. Entlang der Siedlungshügel Muqable I und III werden ebenfalls geomagnetische Prospektionen durchgeführt, um einerseits Größe und Struktur eines untergeordneten Zentrums der Frühen und Mittleren Bronzezeit bestimmen und andererseits um eine spät-chalkolithische Vorläufersiedlung von Bassetki in Bezug auf Ausdehnung und Struktur eindeutiger fassen zu können.
Während sich die übergeordnete Fragestellung auf Vorstufen, Abläufe und Erscheinungsformen der Urbanisierung Nordmesopotamiens im Verlauf des 3. und 2. Jahrtausends v. Chr. bezieht, geht es in den beiden nachgeordneten Teilfragestellungen um die diachronen Prozesse der Urbanisierung im Nord-Irak und um den akkadischen Einfluss auf die urbane Entwicklung der Region in der 2. Hälfte des 3. Jahrtausends v. Chr. Inwieweit war die frühbronzezeitliche Entwicklung durch die spät-chalkolithische Besiedlung der Region vorgeprägt, und hat es einen kulturellen bzw. einen demographisch-sozialen Bruch zwischen diesen beiden Perioden gegeben? Lässt sich ein Wandel in der ökonomischen und materiellen Kultur (Architektur, Keramiktypen etc.) nachweisen? Zudem wird die von Harvey Weiss formulierte These geprüft, wonach es ein akkadisches Herrschaftssystem gegeben habe, das infolge ökologischer Ursachen zusammengebrochen und zu einem abrupten Ende der Stadtkultur des Nordens geführt habe. Prof. Pfälzner schlägt ein alternatives Denkmodell vor und geht dabei von der Existenz eines Akkadischen Netzwerkes aus, wobei einzelne Stützpunkte dazu dienten, die Region zu kontrollieren und Ressourcen einzusammeln. Ob Bassetki eine dieser akkadischen Kontrollpunkte im politisch-ökonomischen Netzwerk des Reiches gewesen ist, wird im Rahmen der Studie geprüft.

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