Funding Funded Projects Die Prävalenz biologisch-genetischer Ursachenvorstellungen von psychischen Krankheiten in der Allgemeinbevölkerung und ihre Auswirkungen auf die Akzeptanz psychiatrischer Behandlung und auf die Einstellungen zu psychisch Kranken

Die Prävalenz biologisch-genetischer Ursachenvorstellungen von psychischen Krankheiten in der Allgemeinbevölkerung und ihre Auswirkungen auf die Akzeptanz psychiatrischer Behandlung und auf die Einstellungen zu psychisch Kranken

Ist die deutsche Bevölkerung inzwischen mit biogenetischen Ursachen für Schizophrenie, Depression und Alkoholabhängigkeit vertraut?

Psychische Erkrankungen wie Angst- und Zwangsstörungen, Süchte, Psychosen, Depressionen und Persönlichkeitsstörungen beruhen neben psychischen oder sozialen meist auch noch auf physiologischen oder genetischen Faktoren, woran infolgedessen auch therapeutische Hoffnungen geknüpft werden. So sind möglicherweise Entwicklungsstörungen des Gehirns dafür verantwortlich, dass sich unter erhöhtem Stress eine Schizophrenie ausbildet. Depressionen wiederum werden mit einem Serotoninmangel in Verbindung gebracht und können infolgedessen medikamentös mit Serotoninwiederaufnahmehemmern behandelt werden. Außerdem findet man in mehreren Genen, die mit dem Serotoninstoffwechsel in Verbindung stehen, Veränderungen, die das Auftreten von Depressionen begünstigen können.
Durch Erklärungsmodelle, die psychische Erkrankungen auf genetische oder sonstige biologische Ursachen zurückführen, hatte man gehofft, die Vorurteile gegenüber psychisch Erkrankten, die Ausgrenzung, die sie erfahren, sowie die Schuld oder Scham, die sie selbst angesichts einer solchen Diagnose empfinden, verringern zu können. Man dachte, die Betroffenen wären dann medizinischen Maßnahmen gegenüber mehr aufgeschlossen. Diese Erwartungen haben sich neueren Untersuchungen zufolge jedoch nur teilweise erfüllt.
In repräsentativen Umfragen zu diesem Thema, die sich vor allem auf die drei Krankheitsbilder Schizophrenie, Depression und Alkoholkrankheit bezogen, zeigten sich jeweils krankheitsspezifische Unterschiede: So stieg die Akzeptanz biologisch-genetischer Ursachen für die drei Erkrankungen zwar durch Aufklärungsaktionen insbesondere in den USA, doch vor allem bei der Schizophrenie war das mit einer stärkeren Ablehnung der Betroffenen etwa bei der Frage verbunden, ob man den Kranken als Freund oder Kollegen akzeptieren oder sich vorstellen könnte, ihm ein Zimmer zu vermieten. Die Bereitschaft, eine medizinische Behandlung zu empfehlen oder Medikamente zu nehmen, war dagegen generell größer geworden.
Um hier Vorhersagen über die Einstellung und das Verhalten der Bevölkerung bei bestimmten Vorstellungen zu den Ursachen einer Krankheit machen zu können, hat man verschiedene Theorien entwickelt, die jeweils andere Aspekte des Umgangs mit dieser Krankheit in den Vordergrund rücken: etwa die, dass man nicht für den Ausbruch und den Verlauf einer Krankheit verantwortlich ist, wenn diese genetisch bedingt ist (Attributionstheorie, Kontrollverlust-Hypothese); dass man anders als andere ist (Genetischer Essentialismus) oder dass die Krankheit behandelbar ist (Genetischer Optimismus). Die Eigenverantwortlichkeit, Unberechenbarkeit oder Gefährlichkeit und Behandelbarkeit haben bei jedem Krankheitsbild einen anderen Stellenwert. So herrscht beispielsweise die Vorstellung vor, dass Alkoholkranke im Gegensatz zu Schizophrenen für ihre Erkrankung selbst verantwortlich sind und dass Depressive weniger gefährlich sind als Schizophrene und Alkoholabhängige.
Im Forschungsprojekt wird von PD Dr. Georg Schomerus, Universität Greifswald, und Prof. Matthias C. Angermeyer, Universität Leipzig, nun im Rahmen einer Querschnittserhebung ermittelt, inwieweit die deutsche Bevölkerung inzwischen mit biogenetischen Ursachen für Schizophrenie, Depression und Alkoholabhängigkeit vertraut ist. Dabei wird auch bei jedem Krankheitsbild das in der Bevölkerung vorherrschende Ausmaß an Stigmatisierung und Behandlungsbereitschaft bestimmt, um so die Aussagekraft der bereits skizzierten theoretischen Modelle zu überprüfen. In einem weiteren Schritt werden die ermittelten Daten mit denen früherer Erhebungen abgeglichen, um die Entwicklung in der Wahrnehmung psychischer Erkrankungen über einen Zeitraum von mehr als 20 Jahren hinweg verfolgen zu können. Auf diese Weise lässt sich dann auch beurteilen, in wieweit Aufklärungsprogramme oder Kampagnen die Einstellung und Verhaltensweisen gegenüber einer Krankheit verändern.

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