Die Wirkungen der Kurzarbeit: Eine Analyse an der Schnittstelle von dynamischer Makro-Arbeitsmarkttheorie und angewandter Ökonometrie
Ziel ist es, die makroökonomischen Auswirkungen von Kurzarbeit und deren Interaktion mit anderen Instrumenten und Institutionen (z.B. Arbeitszeitkonten) zu bestimmen.
Die Kurzarbeit zählte in der jüngsten Wirtschafts- und Finanzkrise zu den wichtigsten Stabilisierungsinstrumenten in Deutschland und vielen weiteren OECD-Ländern. In Deutschland wird Kurzarbeit seit Jahrzehnten eingesetzt. Vereinfacht lässt sich Kurzarbeit als staatlich subventionierte Teilzeitarbeit für Unternehmen in finanziellen Schwierigkeiten definieren. Durch Kurzarbeit möchte die Politik Firmen eine Alternative zu Entlassungen bieten.
Zwar gibt es zum Thema Kurzarbeit viele wichtige mikroökonomische Studien. Aber es existiert bisher kaum zuverlässige Evidenz zu den makroökonomischen Wirkungen, beispielsweise zuverlässige Zahlen zur Anzahl der geretteten Arbeitsplätze oder zu den Rückwirkungen auf die Konjunktur und den Staatshaushalt. Genau diese Lücke möchte das Projekt schließen.
Folgende Fragen gilt es im Rahmen des Projektes zu beantworten: Welche Effekte hat der Einsatz von Kurzarbeit auf Beschäftigung und Konjunktur? Wie wirkt Kurzarbeit auf das Einstellungs- und Entlassungsverhalten von Unternehmen? Wie kosteneffizient ist Kurzarbeit und in welchem Ausmaß entstehen Mitnahmeeffekte? Schließlich könnten Firmen Kurzarbeit nutzen, die ohne diese Maßnahme ebenfalls nicht entlassen hätten. Welche Rolle spielen die regelgebundene und die diskretionäre Komponente der Kurzarbeit? Selbst ohne Gesetzes- und Regeländerungen steigt in Rezessionen die Anzahl der Kurzarbeiter, da mehr Firmen in finanzielle Schwierigkeiten geraten (regelgebundene Komponente). Zusätzlich wird Kurzarbeit diskretionär eingesetzt, z. B. durch eine Ausweitung der Bezugsdauer oder eine zusätzliche Übernahme der Sozialversicherungsbeiträge. Eine Trennung der beiden Komponenten gibt es bisher nicht. Des Weiteren wird gefragt, wie die Nutzung von Kurzarbeit mit anderen Arbeitsmarktinstitutionen, z. B. Arbeitszeitkonten, interagiert. Dabei können die alternativen Instrumente substitutiv oder komplementär wirken.
Aus den aufgeworfenen Fragestellungen ergibt sich für das Projekt ein Arbeitsplan mit fünf Schritten. Im ersten Bearbeitungsschritt wird die regelgebundene Komponente der Kurzarbeit auf Basis der Querschnittsvariation eines Mikrodatensatzes auf der Betriebsebene identifiziert. Die geschätzte Elastizität wird in den folgenden Schritten verwendet. Im zweiten Schritt werden die regelgebundene und die diskretionäre Komponente der Kurzarbeit mit Hilfe einer strukturellen Vektorautoregression (SVAR) und dynamischen theoretischen Modellen analysiert. Mit dem SVAR-Modell wird quantifiziert, wie die diskretionäre Komponente der Kurzarbeit Beschäftigung und Konjunktur beeinflusst. Mit Hilfe eines dynamischen stochastischen allgemeinen Gleichgewichtsmodells (DSGE) können die Wirkungen der regelgebundenen Komponente quantifiziert werden. Durch kontrafaktische Analysen werden im Modell die Erwartungs- und Mitnahmeeffekte isoliert. Die Interaktion der Kurzarbeit mit anderen Institutionen wird im dritten Schritt beleuchtet. Dazu wird das obige DSGE-Modell um andere Flexibilisierungsinstrumente, wie z. B. Arbeitszeitkonten und Lohnmoderation, erweitert. Im vierten Schritt werden die DSGE-Modelle mit bayesianischen Methoden geschätzt, um weitere Erkenntnisse zur quantitativen Wirkung der Kurzarbeit zu erhalten. Die Robustheit der Ergebnisse wird überprüft, indem die Resultate von SVAR- und DSGE-Modellen miteinander verglichen werden. Der letzte Arbeitsschritt ist die Veröffentlichung der Ergebnisse und Schlussfolgerungen des Projekts.