Funding Funded Projects Emigranten als Unternehmer und Wirtschaftsbürger. Die Ölgroßhändler Kahan zwischen Baku, Berlin und Palästina (1850-1950)

Emigranten als Unternehmer und Wirtschaftsbürger. Die Ölgroßhändler Kahan zwischen Baku, Berlin und Palästina (1850-1950)

Am Fallbeispiel einer osteuropäisch-jüdischen Unternehmerfamilie wird untersucht, wie sich die durch Revolutionen, Kriege und Migration gekennzeichneten Veränderungen auf das unternehmerische Wirken, die Alltags- und Sozialkultur der Familie auswirkten

In der Geschichte der jüdischen Unternehmerfamilie Kahan, die im Berlin der Zwischenkriegszeit als russische Emigran­ten und polyglott orientierte Wirtschaftsbürger ein geschäft­lich wie kulturell eng verflochtenes Netzwerk bildete, treffen sich mehrere Stränge der seit einigen Jahren transnational und transdisziplinär orientierten historischen Forschung zur Geschichte von Minderheiten, Wirtschaftsbürgertum, Unter­nehmensgeschichte und Migration. Denn die Kahans ge­hörten im ausgehenden Zarenreich zu jenen neuen mobilen Eliten mit „imperialer Biographie“, in denen die neuere Forschung Akteure der Moderne erkannt hat. Ihr Aktions­radius reichte vor 1917 vom Baltikum bis nach Baku.

Das mit dem Ersten Weltkrieg heraufbeschworene Ende der Imperien zerstörte diesen Aktionsraum ebenso wie die Lebenswelt der osteuropäischen Juden. Die Kahans emi­grierten nach Berlin. Ihr unternehmerisches Wirken als Ölhändler und ihre großbürgerliche Existenz als russisch-jüdische Migranten setzten sie jedoch in der Diaspora erfolgreich fort. Die Familie konterkariert daher das Stereotyp vom armen Ostjuden in Deutschland. Ihr Beispiel zeigt, dass auch ein einflussreiches Wirtschaftsbürgertum unter den osteuropäisch-jüdischen Migranten vertreten war, das sich in Berlin konzentrierte und dort ein multiples, religiös und kulturell fundiertes Netzwerk bildete, an dem sich nachwei­sen lässt, dass die jüdischen Flüchtlinge aus dem östlichen Europa sich gleichwohl kollektiv in die deutsche Gesellschaft integrierten. Das NS-Regime zerstörte jedoch jegliche Mög­lichkeit einer weiteren Integration und trieb die Kahans von neuem in die Emigration, nun mit der langfristigen Folge, dass ihren Unternehmen die Überlebensbasis entzogen wurde.

Das Forschungsvorhaben gliedert sich in vier Themen­bereiche:

  • die Unternehmensgründungen im Russischen Reich wie in Deutschland und Probleme der Integration
  • das facettenreiche Zusammenspiel von Familie und Unter­nehmen im historischen Prozess
  • die wirtschaftliche Entwicklung der Unternehmen
  • die Flucht der Familien aus Deutschland nach Palästina/Israel und in die USA und der weitere Verlauf der Familien- und Unternehmensgeschichte

Die wichtigste Quellenbasis für das Projekt ist ein reich­haltiger Familiennachlass der Kahans, auf den Prof. Verena Dohrn während eines Forschungsaufenthaltes in Israel 2010 gestoßen ist.

 

Newsletter Anmeldung

    Ich bin mit der Speicherung meiner Daten gemäß unseren Datenschutzhinweisen einverstanden.

    4 × 3 =

    Newsletter Abmeldung

      17 − eleven =