Funding Funded Projects Frühneuzeitliche Staatsbankrotte. Akteurszentrierte Analyse der europäischen Kreditmärkte um 1550

Frühneuzeitliche Staatsbankrotte. Akteurszentrierte Analyse der europäischen Kreditmärkte um 1550

Staatsbankrotte sind angesichts der Einrichtung des europäischen Stabilitätsmechanismus zur Absicherung der überschuldeten Euro-Währungsstaaten ein aktuelles Thema.

Die Umschuldung von schwebenden Schulden in fundierte Schulden hat historische Vorgänger. Diese verfolgt Dr. Lang in einer systematischen Untersuchung am Fallbeispiel der Zahlungsunfähigkeiten der spanischen und französischen Kronen 1557/59 aus der Perspektive der an den Märkten für Darlehen an die Herrscher beteiligten Akteure. Auf der Grundlage der merkantilen Buchhaltung analysiert er die Geschäftsstrategien und Zusammenhänge der wirtschaftlichen Felder von Waren- und Wechselhandel sowie die Herrscherfinanzen für die Interpretation der über die Messestandorte Lyon und Antwerpen verknüpften Umschuldungen unter Philipp II. von Spanien und Heinrich II. von Frankreich.
Im Europa des 16. Jahrhunderts waren das spanisch-österreichische Kaiserhaus Habsburg und die französischen Könige der Valois in erbitterte kriegerische Dauerkonflikte verwickelt und benötigten explosionsartig anwachsende Mengen an Darlehen, um ihre militärischen Vorhaben zu finanzieren. Hierzu nahmen sie Schulden auf, die sie durch unterschiedliche Deckungsmodelle absicherten. Die Instrumente zur „fundierten Schuld“ wie die langfristig angelegten Anleihen, die durch die Verpachtung von Steuer- und Zolleinnahmen gedeckt wurden, und zur „schwebenden Schuld“ wie in den „asientos“ auf die aus Südamerika eintreffenden Edelmetalle oder wie die Anteile am „Grand Parti“ als regulierte Kreditaufnahme mit über zehn Jahre gestreckter Rückzahlung wurden jedoch überspannt. Durch den Zusammenbruch der Märkte für Edelmetalle 1557 in Antwerpen gerieten zunächst die spanische Krone, sodann 1559 nach dem Scheitern des „Grand Parti“ der französische König in die Zahlungsunfähigkeit.
Die entscheidende Rolle als Kreditvermittler und Investoren spielten toskanische, genuesische und süddeutsche Kaufmannbankiers, die auf den beiden wichtigen Kredit- und Wechselmärkten in Antwerpen und Lyon präsent waren. Von ihrer Fähigkeit, den Herrschern Bargeld zuzuführen, hing der Erfolg der Anleihepolitik ab. Die Netzwerke dieser Handelsgesellschaften verwoben die europäischen Waren-, Wechsel- und Herrscherfinanzmärkte miteinander. Ihnen standen von Seiten der Herrscher institutionell gebundene Vermittler gegenüber, um die verschiedenen Instrumente zur Schuldaufnahme der spanischen oder der französischen Könige in Kooperation mit den „Merchant bankers“ zu entwickeln. Die Kaufmannbankiers reagierten auf den heftig steigenden Bedarf an Kronanleihen, indem sie immer neue Formen der Organisation und Bündelung von Krediten erprobten.
Methodisch nimmt das Projekt die Akteure auf den Märkten in den Blick. Denn durch die akteurszentrierte Analyse sollen an den sozialen Interaktionsvorgängen sowohl die Dynamiken der Herrscherfinanzkrisen als auch die wechselseitige Bedingtheit institutioneller und unternehmerischer Entwicklungen von Anleiheinstrumenten und deren Refinanzierung in Verbindung mit der prekären Situation des Nachschubs von Edelmetallen erkennbar werden. Überdies werden das Zusammenwirken von Investoren, Kreditvermittlern und zentralisierten Institutionen sowie die Anpassungs- und Innovationsleistungen der an Herrscherfinanzen beteiligten Akteure zur Gestaltung von Krisengeschehen berücksichtigt.

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