Geburtenrückgang in Deutschland – ein Erklärungsversuch
In Deutschland werden immer weniger Kinder geboren - die Einwohnerzahl schrumpft. Und dieser Trend soll den Statistiken zufolge in den kommenden Jahrzehnten anhalten.
Das eigentliche Problem ist jedoch nicht die Kinderlosigkeit, sondern das Fehlen der Mehrkindfamilie (Bertram 2003).
Ziel des Forschungsvorhabens von Prof. Hans Bertram ist es, Erklärungen für den Geburtenrückgang in Deutschland aufzuzeigen. Dafür soll die Theorie des zweiten demografischen Übergangs, welche die Veränderungen seit den späten 60er Jahren vor allem mit einem Wertewandel erklärt (Lesthaeghe 1992), um eine sozioökonomische Perspektive erweitert werden. Die Untersuchung soll sich auf die alten Bundesländer der Bundesrepublik Deutschland zwischen 1972 und 2004 konzentrieren und die jeweiligen regionalen Kontexte auf Länder- und Kreisebene berücksichtigen.
Prof. Hans Bertram bezieht sich insbesondere auf amerikanische Soziologen, die den sozioökonomischen Wandel seit 1870 beschreiben und den demografischen Veränderungen gegenüberstellen (Hernandez 1993, 1995). Wesentliche sozioökonomische Ursachen werden dabei in gewandelten Zeitansprüchen gesehen. Der Wandel der Berufswelt sowie eine zunehmende weibliche Erwerbstätigkeit führen zu veränderten Lebensformen in Form von mehr Doppelverdiener- und Alleinerzieherhaushalten und somit zu insgesamt eingeschränkten Kinderzahlen.
Prof. Bertram geht von der These aus, dass sozioökonomische Veränderungen die Ausbreitung ehemals städtischer Lebensformen in ländlichen Regionen in Form eines so genannten „cultural lag“ verursachen. Dabei hätten sozioökonomische Veränderungen, wie höhere Bildungsanforderungen und eine gewandelte Arbeitswelt, Konsequenzen für die Familien, die sich vor allem in regional veränderten Familienmustern widerspiegeln.
Es ist vorgesehen, den Wandel der Lebensformen durch den Vergleich verschiedener Querschnitte (Mikrozensusbefragungen) für den Zeitraum von 1973 bis 2004 in Form einer Trendanalyse differenziert darzustellen. So werde es möglich, den in den späten 60er Jahren beginnenden zweiten demographischen Übergang in den alten Bundesländern der Bundesrepublik Deutschland empirisch zu überprüfen.