Geldpolitik, Finanzmarktstabilität und Verschuldung des Privatsektors
In vielen Volkswirtschaften sind private Haushalte und Unternehmen stark verschuldet.
Finanzkrisen in den vergangenen Jahrzehnten haben gezeigt, dass das Ausmaß der privaten Verschuldung ein guter Indikator für die Krisenanfälligkeit der Volkswirtschaft ist. Aus diesem Grund gilt der privaten Verschuldung das besondere Augenmerk von Zentralbanken und Regulierungsbehörden. Bislang liegt in der Literatur aber nur wenig empirische Forschung zum Zusammenhang zwischen der Geldpolitik und der privaten Verschuldung vor, da international vergleichbare Datensätze zur Verschuldung fehlen.
Das Projekt hat das Ziel, diese Forschungslücke zu schließen. Das Vorhaben kann dabei auf einen neuen Datensatz zurückgreifen, den die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich kürzlich veröffentlicht hat. Der Datensatz beinhaltet mit dem Verhältnis von Schuldendienst zu Bruttoinlandsprodukt einen Indikator für die private Verschuldung für einen großen Länderkreis von 32 Ländern und einen ausreichend langen Zeitraum von 1999 bis zum aktuellen Rand. Die Schuldendienstquote ist dabei aussagekräftiger als die konventionelle Verschuldungsquote, da sie auch Veränderungen der Zinslast und der Laufzeitstruktur der Schulden wiedergibt. Die Kombination der wirtschaftspolitisch relevanten Fragestellung mit dem neuartigen Datensatz macht den Kernbeitrag des Vorhabens aus.
Die Forschungsfragen des Vorhabens lauten im Einzelnen:
- Wie wirkt eine Lockerung oder Straffung der Geldpolitik auf die Verschuldung? Zum einen erhöht ein Anstieg der kurzfristigen Zinsen auch die Kreditzinsen, was eine zusätzliche Kreditaufnahme unattraktiv macht. Zum anderen wirkt ein Zinsanstieg kontraktiv auf die Ökonomie, was ceteris paribus zu höheren Schuldenständen führt. Außerdem erhöht ein Anstieg der Zentralbankzinsen bei Krediten mit variablem Zinssatz die Zinszahlungen, was ceteris paribus ebenfalls den Schuldendienst erhöht. Da ein geldpolitischer Schock hier gegenläufige Effekte hervorruft, ist das Vorzeichen der Reaktion bislang nicht klar.
- Wie beeinflusst ein hoher Verschuldungsgrad die Transmission geldpolitischer Impulse auf den Rest der Ökonomie? Es wird angenommen, dass private Akteure mit einem hohen Schuldendienst Restriktionen unterworfen sind, die ihre Reaktion auf geänderte makroökonomische Rahmenbedingungen vermindern. Zur Prüfung dieser These wird eine Gruppe von Ländern mit hohem Schuldendienst mit einer Gruppe von Ländern mit niedrigem Schuldendienst verglichen.
- Sind makroprudenzielle Instrumente effektive Maßnahmen zur Reduktion privater Verschuldung und somit zur Eindämmung der Gefahr von Finanzkrisen? Aufgrund mangelnder Erfahrung mit Instrumenten zur Aufdeckung systemweiter finanzieller Risiken ist über ihre Wirksamkeit bislang nur wenig bekannt. Daher wird untersucht, ob makroprudenzielle und geldpolitische Instrumente vergleichbare Effekte haben. Die Panel-Daten zur privaten Verschuldung werden hierzu um einen Datensatz ergänzt, der Informationen zu Anpassungen von makroprudenziellen Instrumenten in einem großen Länderkreis enthält.