Funding Funded Projects Granularität im Lexikon: eine sprachvergleichende empirische Untersuchung von Wortfeldern

Granularität im Lexikon: eine sprachvergleichende empirische Untersuchung von Wortfeldern

Die Granularität eines sprachlichen Ausdruckes gibt Auskunft über dessen (semantische) Schärfe.

Im Gegensatz zu Phonologie, Morphologie oder Syntax galt der Wortschatz in der Linguistik bis vor ca. 20 Jahren als ein weitgehend unstrukturierter, idiosynkratischer Bereich der Sprache. Dr. Stathi möchte nun ermitteln, ob sich auch im Wortschatz eine Ordnung feststellen lässt, und zwar im Hinblick auf die Lexikalisierung, d. h. die Inkorporation von Bedeutung in einzelne Wörter. Ermittelt werden soll, inwieweit die Lexikalisierung in verschiedenen Sprachen systematisch erfolgt und welcher Grad von ‚Granularität‘ dafür jeweils gewählt wird.

Unter ‚Granularität‘ – der semantischen Grob- oder Feinkörnigkeit einer Sprache – wird dabei die Tatsache verstanden, dass etwa im Deutschen zur Angabe des Positionswechsels von Gegenständen drei Verben ‚setzen‘, ‚stellen‘, ‚legen‘ existieren (also eine feinkörnige Unterscheidung), während das Englische nur ‚to put‘ verwendet. Das Deutsche lexikalisiert also Bedeutungselemente wie die Beschaffenheit des Objekts bzw. die Endposition, die ‚to put‘ nicht berücksichtigt. Umgekehrt haben deutsche Sprecher in Ermangelung eines solchen generellen Verbs nicht die Wahl, die Information zu Beschaffenheit und Endposition wegzulassen. Im Wortfeld der Fortbewegung muss im Deutschen die Art der Bewegung kodiert werden (‚gehen‘, ‚fahren‘, ‚fliegen‘), im Englischen, Griechischen und Türkischen dagegen nicht. Im Bereich der Nahrungsaufnahme unterscheidet das Deutsche – anders als etwa das Griechische – ‚löffeln‘ und ‚essen‘ etc.

In bisheriger Linguistik wurden jeweils einzelne semantische Domänen in mehreren Sprachen vergleichend betrachtet; die dabei konstatierten Differenzen wurden als kulturbedingt gedeutet, womit aber die Unterschiede sehr ähnlicher Kulturen wie der englischen, deutschen oder schwedischen nicht erklärbar waren. Dr. Stathi nimmt nun an, dass zur Erklärung dieser Differenzen die Untersuchung ganzer lexikalischer Systeme notwendig ist. Sie analysiert und vergleicht deshalb mehrere semantische Domänen zunächst einzelsprachlich und nimmt erst dann einen Sprachvergleich vor. Dafür wird – als methodologisches Ziel der Studie – ein Granularitäts-Index entwickelt, der eine sprachinterne wie sprachenübergreifende Relationierung der Befunde erlauben soll.

In den Blick gefasst werden Wortfelder von zehn Verben und fünf Nomina, die häufige, alltagsvertraute Objekte und Ereignisse ausdrücken (Verben der Bewegung oder der Nahrungsaufnahme, Nomina für Körperteile, Trinkgefäße, Temperatur etc.). Verglichen werden vier Sprachen, die jeweils in der Forschung bereits eingehend beschrieben wurden und für die ähnliche Ressourcen vorhanden sind: Deutsch, Englisch, Griechisch und Türkisch,
d. h. drei indogermanische Sprachen, von denen das Deutsche und Englische nah verwandt sind, und eine Turksprache.

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