Heidegger-Lexikon
Das Lexikon soll die Funktionen eines Nachschlagewerks, einer Einführung und eines Handbuchs erfüllen und auf eine neue Weise das Denken Heideggers aufschließen.
Heideggers Philosophie ist seit ihren eigenständigen Anfängen um 1920 immer auch eine kritische Reflexion der philosophischen Begriffsbildung gewesen. Aufgrund der Überzeugung, dass philosophisches Denken und Sprache sich nicht trennen lassen, hat Heidegger seine Auseinandersetzung mit der philosophischen Tradition davon abhängig gemacht, dass sich neue Möglichkeiten philosophischer Sprache finden lassen. Charakteristisch für diese Sprache sind Neologismen, Umdeutungen alltäglicher Ausdrücke, möglichst „wörtliche“ Übersetzungen griechischer Termini, die deren terminologische Festlegung auflösen und den sich in ihnen artikulierenden lebendigen Gedanken ausdrücken sollen. Nicht weniger charakteristisch ist die sich im Fluss des Denkens über die Jahre verschiebende Bedeutung von Schlüsselwörtern wie „Sein“, „Dasein“, „Wahrheit“ oder „Freiheit". Doch vor allem charakteristisch für Heideggers Sprache ist die höchst eigenwillige Bildung von lexikalisch-semantischen Netzen. So sind z. B. zentrale Begriffe in „Sein und Zeit“ durch die Modifikation eines Wortstammes gebildet: „schließen“ etwa wird zu „erschließen“, „verschließen“ und „entschließen“ modifiziert und entsprechend sind die Substantivierungen „Erschlossenheit“, „Verschlossenheit“ und „Entschlossenheit“ nur im Zusammenhang des lexikalisch-semantischen Netzes „schließen“ zu verstehen.
So lässt sich Heideggers Philosophie ohne die ihr eigentümlichen, ebenso befremdenden wie erhellenden Sprachbildungen nicht begreifen. Diese Wortfindungs- und Begriffsbildungsstrategien durchsichtig zu machen, ist das Ziel dieses Lexikons. Dabei sollen vor allem die lexikalisch-semantischen Netze dieser philosophischen Sprache abgebildet und erläutert werden. Das Lexikon unterscheidet sich damit grundlegend von solchen Werken, die eine Philosophie oder die Philosophie überhaupt in der Erläuterung von mehr oder weniger klar umrissenen, sich möglicherweise historisch wandelnden Begriffen zugänglich machen wollen. So kann es nicht nur ein Nachschlagewerk, sondern eine Einführung in Heideggers Denkzusammenhänge und Forschungshandbuch sein. Es soll Möglichkeiten aufzeigen, wie Heidegger zu lesen ist, und auf diese Weise dazu beitragen, noch vor der Festlegung auf eine bestimmte Interpretation, die Möglichkeit der Heidegger-Interpretation zu klären und dadurch neue Forschungsperspektiven zu eröffnen.