Innovative In-vitro-Diagnostika in der Gesundheitsversorgung – Regulierung ihrer Einbindung in rechtsvergleichender Perspektive
Bei der In-vitro-Diagnostik kommen Laborgeräte und Labortests zum Einsatz, die zur Untersuchung von aus dem menschlichen Körper stammenden Proben verwendet werden, um Informationen über physiologische oder pathologische Zustände zu erhalten.
Das Forschungsvorhaben hat das Ziel, auf der Grundlage eines funktionalen Rechtsvergleichs einen Regelungsvorschlag zur Einbindung molekularer Diagnostik in Form der In-vitro-Diagnostika in die Gesundheitsversorgung zu erarbeiten. Dabei wird der formale Zugang zu diesen Diagnostika ebenso berücksichtigt wie die wesentlichen Konditionen, z. B. die Preisregulierung und die tatsächliche Verfügbarkeit insbesondere im Rahmen der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Bei der gesetzlichen Regelung ist einerseits dem Patienteninteresse Rechnung zu tragen, möglichst frühzeitig von Innovationen profitieren zu können, andererseits dem Gedanken der Qualitätssicherung und dem Erfordernis der Finanzierbarkeit der GKV; es müssen aber auch ausreichende finanzielle Anreize (insbesondere angemessene ärztliche Vergütung) sichergestellt sein, um die Etablierung medizinischen Fortschritts im Versorgungsalltag zu ermöglichen.
Die Erarbeitung des Regelungsvorschlags erfolgt auf der Grundlage einer Darstellung der auf deutscher und europäischer Ebene sowie in bestimmten Vergleichsländern derzeit bestehenden rechtlichen Vorgaben unter Herausarbeitung der Zusammenhänge zwischen gesundheitspolitischen Zielen und normativen Prinzipien.
Bislang fehlt eine eigenständige Berücksichtigung von In-vitro-Diagnostika im Recht der GKV, vielmehr wird sie nur als Bestandteil einer ärztlichen Behandlung miterfasst, was das Risiko birgt, dass Patienten moderne Gesundheitsleistungen vorenthalten werden. Ein besonderes Problem stellen sogenannte »Companion Diagnostics« dar, die sich durch einen engen Bezug zu bestimmten Arzneimitteln auszeichnen und bei denen Hürden für die Aufnahme individualisierter Leistungen nicht hinsichtlich der Verfügbarkeit des eingesetzten Arzneimittels, sondern für das mit ihm kombinierte In-vitro-Diagnostikum bestehen. Erforderlich sind rechtliche Regelungen, die zu einem Ausgleich zwischen der Innovationsförderung einerseits und dem Patientenschutz andererseits führen. Mögliche Regelungen werden im Wege eines zweistufigen Rechtsvergleichs identifiziert, indem zunächst einmal Rechtsordnungen identifiziert werden, in denen das Regelungsproblem bereits zu positiv-rechtlichen Folgen geführt hat, um danach diese Regelungen zu erfassen und daraufhin zu analysieren, welche gesundheitspolitischen Ziele und welche normativen Prinzipien ihnen zugrunde liegen. Dabei werden die rechtlichen Anforderungen verschiedener Ebenen (Europarecht, Medizinprodukterecht, Recht der GKV, Erfüllungsebene) aufeinander abgestimmt, um sowohl Prüfungslücken als auch Doppelprüfungen zu vermeiden.
Das Projekt gliedert sich in drei Teile: erstens die Erarbeitung und Erläuterung der zentralen Begriffe, des Sachproblems und der allgemeinen normativen Grundprinzipien, parallel dazu die Auswahl der Vergleichsländer; zweitens die Analyse des gegenwärtigen und geplanten europäischen Marktzugangssystems für Medizinprodukte sowie das Marktzugangssystem der Vergleichsländer, insbesondere im Hinblick auf In-vitro-Diagnostika; und drittens die vergleichende Analyse unter Bewertung der Stärken und Schwächen der jeweiligen Regelung, verbunden mit der Prüfung, welche Lösungsansätze in welcher Form und in welchem Umfang auf das deutsche Gesundheitssystem übertragbar sind.