Kirchenrecht in den Medien
Das Projekt geht der Frage nach, wie kirchenpolitische und –rechtliche Sachverhalte in den Medien dargestellt und in der Öffentlichkeit beurteilt werden.
In der öffentlichen Debatte werden Fragen der kirchlichen Lehre und Ordnung nicht ausschließlich zwischen den Mitgliedern der Glaubensgemeinschaft verhandelt, sondern in massenmedial vermittelten Diskursen. Angesichts der engen Verknüpfung der Sphären von Politik und Recht findet sich im Kern kirchenpolitischer Diskussion zumeist ein kirchenrechtlicher Gehalt. Dieser tritt nicht immer so deutlich zu Tage wie in der Berichterstattung über die Aufhebung der im Jahr 1988 ausgesprochenen Exkommunikation von vier Bischöfen der Piusbruderschaft, aber häufig liegt auch in weniger expliziten Fällen eine Berührung mit kirchenrechtlichen Fragestellungen vor. Diesen verborgenen politisch-rechtlichen Verbindungen geht das Projekt nach und versucht damit eine Lücke in der kirchenrechtlichen Forschung zu schließen.
In einer Bestandsaufnahme wird gezeigt, auf welche Weise die kirchenrechtlichen Themen in die alltägliche Berichterstattung eingebunden werden, welchen Tenor diese aufweist und welche Funktion dem Kirchenrecht dabei zukommt. Der Nachweis erfolgt exemplarisch, indem die Debatten, die im Jahr 2010 im Leitmedium Fernsehen geführt wurden, auf ihren kirchenrechtlichen Gehalt untersucht werden. Konkret werden die marktanteilsstärksten Sendungen der tagesaktuellen Berichterstattung in ARD und ZDF betrachtet, die Hauptausgabe der Tagesschau, die Tagesthemen, die Hauptausgabe der Nachrichtensendung heute und das heute-journal.
Methodisch wird das Material im Wege der Dokumentenanalyse in Form einer qualitativen Inhaltsanalyse untersucht und ausgewertet. Es wird danach gefragt, welche Themen im Mittelpunkt der öffentlichen Auseinandersetzung stehen, wie diese medial aufbereitet und vermittelt werden. In welcher Form werden kirchenrechtliche Gehalte präsentiert, wer wird zu kirchenrechtlichen Themen befragt, wie erfolgt die Befragung und welchen Tenor weist die Berichterstattung auf, ist sie eher kritisch oder eher wohlwollend? Von besonderer Bedeutung sind schließlich die Bewertungen, die im Rahmen der Berichterstattung von Akteuren erfolgen. Sie lassen Rückschlüsse darauf zu, welche Funktion und Aufgabe die Be¬richterstatter dem Kirchenrecht zusprechen, welche rechtlich bedeutsamen Vorgänge sie ablehnen oder missbilligen. So lässt sich aufzeigen, wie verschiedene kirchenpolitische und kirchenrechtliche Sachverhalte aufgefasst und in der Öffentlichkeit beurteilt werden.