Landschafts- und siedlungsarchäologische Untersuchungen zum antiken Lukanien (Süditalien). Die Höhensiedlungen des 4. und 3. Jahrhunderts v. Chr. als Ausdruck indigenen Selbstverständnisses vor dem Hintergrund der beginnenden römischen Expansion
Das antike Lukanien erstreckte sich im bergigen Hinterland Süditaliens, der heutigen Basilikata, zwischen tyrrhenischer und ionischer Küste.
Noch bevor die Römer die gesamte Halbinsel in das Bundesgenossensystem eingegliedert hatten, lebten die indigenen Italiker Seite an Seite mit den griechischen Kolonisten, die wiederum die Küstenregion für sich in Anspruch nahmen. Mit dem Projekt wird am Beispiel Lukaniens die Reaktion der Italiker auf die beginnende Expansion Roms am Beginn des vierten Jahrhunderts v. Chr. untersucht, wobei die Materialbasis vorhandene Siedlungsstrukturen in Beispielregionen im Umkreis von Potenza, dem Sinni-Tal und der tyrrhenischen Küste sind. In allen drei Bereichen lassen sich neue und von starken Wehrmauern umgebene Höhensiedlungen mit Wohnhäusern und Sakralbauten nachweisen, die Ausdruck eines kulturellen Selbstverständnisses sind. Mithilfe dieser aussagekräftigen Subregionen soll aufgezeigt werden, welche unterschiedlichen Gegebenheiten die Mechanismen der römischen Expansion antrafen und welche Konsequenzen sich daraus für die anschließende Integration in das römische Verwaltungssystem ergaben. Zwar ist die Einverleibung indigener Kulturen auf der italischen Halbinsel durch die Römer bereits in verschiedenen Detailuntersuchungen beschrieben worden, doch ist der Zusammenhang zwischen den archäologischen Funden und den zahlreichen erhaltenen schriftlichen Quellen zur politischen Entwicklung jener Zeit nicht in angemessener Weise berücksichtigt worden. Es fehlt nach wie vor eine Darstellung der Gesamtsituation, die sich mit der Frage nach dem Verhältnis von Ethnizität und Territorialität auseinandersetzt.
Das Projekt gliedert sich in mehrere Arbeitsschritte und kombiniert unterschiedliche Methoden miteinander: den archäologischen Survey, Fernerkundung, Baraufnahme, Analyse von Siedlungsmustern in ihrer naturräumlichen und kulturellen Bedingtheit, petrographisch-geochemische Gesteinsanalysen und kritische Lesung antiker Schriftquellen. Im Rahmen der Analyse der genannten Siedlungsräume werden Kriterien zur Differenzierung verschiedener Siedlungsformen erarbeitet, das Verhältnis der Siedlungen untereinander sowie zu den Nekropolen und Heiligtümern bestimmt und die Funktion der einzelnen Orte innerhalb des Siedlungssystems rekonstruiert. Darüber hinaus wird geklärt, welche Kriterien für die jeweilige Auswahl eines Siedlungsplatzes ausschlaggebend gewesen sind. Daran schließt sich die Analyse der urbanistischen Gliederung am Beispiel von Serra di Vaglio im Potentino an.
Dr. Agnes Henning möchte zeigen, inwiefern die Verhältnisse im vorrömischen Lukanien als beispielhaft für Süditalien zu erachten sind und welche Schlussfolgerungen daraus für die Fragestellung nach kultureller Eigenständigkeit und politischer Integration im Einflussbereich expansionistischer Systeme gezogen werden können.
Nähere Informationen finden Sie hier:http://www.klassische-archaeologie.uni-hd.de/lukanien_henning.html