Mechanisms of defective neurogenesis in Seckel syndrome
Kinder mit einem Seckel-Syndrom, einer seltenen autosomal-rezessiv vererbten Krankheit, fallen vor allem durch ihren extremen, wenn auch wohl proportionierten Kleinwuchs auf; selbst als Erwachsene werden sie kaum einen Meter groß.
Kopfumfang und Gehirn sind aufgrund der Tatsache, dass nicht genügend Nervenzellen gebildet werden, deutlich kleiner als bei vergleichbaren gesunden Personen. Diese Mikrozephalie, die oft mit einer geistigen Behinderung einhergeht, beruht auf einer Störung der Neurogenese. Die bisherigen Untersuchen deuten auf einen Fehler bei der Zellteilung hin, durch den der Vorrat an neuralen Stamm- oder Vorläuferzellen vorzeitig erschöpft ist.
Da bei fast allen Fehlbildungen, die mit einer Mikrozephalie einhergehen, Mutationen in den Proteinen der Zentrosomen gefunden wurden, ist möglicherweise auch dieses Syndrom auf eine Funktionsstörung in diesen Organellen zurückzuführen. Die Zentrosomen sind für die korrekte Zellteilung unerlässlich: Sie sorgen für die sogenannte Mitose- oder Kernteilungsspindel, mit deren Hilfe die beiden Chromosomensätze auseinandergezogen und auf die beiden neu entstehenden Zellen verteilt werden. Beim Eintritt in die Interphase, dem Zeitraum zwischen zwei Kernteilungen, spielen die Zentrosomen eine wesentliche Rolle bei der Ausbildung einer einzelnen unbeweglichen oder primären Zilie. Fast jede Körperzelle des Menschen besitzt einen solchen Zellfortsatz, der offenbar als Antenne fungiert, die unter anderem auch für die Weiterleitung von Signalen und die Regulation des Zellwachstums von Bedeutung ist.
Beim Seckel-Syndrom findet man ebenso wie der primären autosomal rezessiven Mikrozephalie Mutationen im Zentrosomen-Protein CPAP (centrosomal P4.1-associated protein). Dieses Protein ist wichtig für die Aufrechterhaltung des Zentrosoms und die Ausbildung des für die Teilung des Zellkerns notwendigen Spindelapparats. Die Frage, welche Rolle CPAP bei der Ausprägung der Mikrozephalie spielt, wird auf zweierlei Weise angegangen. Dr. Gopalakrishnan hat bereits gezeigt, dass die Zilien bei Patienten mit Seckel-Syndrom erheblich länger sind als bei Gesunden. Das könnte die geringere Anzahl der Neuronen bei der Mikrozephalie erklären, weil längere Zilien die Zellteilung und somit die Zellproliferation insgesamt behindern. Die Zellen stecken dann in der Interphase fest. Um diese Annahme zu untermauern, untersucht Dr. Gopalakrishnan die Struktur und Funktion der Zentrosomen und Zilien eingehender und überprüft, ob es beim Seckel-Syndrom zu Veränderungen im Phosphorylierungsstatus und damit dem Bindungsverhalten von CPAP kommt; das könnte den Längenunterschied der Zilien erklären. Außerdem wird das Protein auf regulatorisches Potential hin untersucht und da speziell, ob es möglicherweise den Wiedereintritt der Zelle in den Proliferationszyklus kontrolliert.
Im zweiten Projektteil geht es um die Frage, ob CPAP zusammen mit anderen bei der Mikrozephalie mutierten Proteinen einen Komplex bildet. In einem solchen Fall könnte durch die Mutation des Proteins der gesamte Komplex in Mitleidenschaft gezogen und dadurch die Zilienresorption sowie der Zellzyklus gestört werden. Abschließend möchte
Dr. Gopalakrishnan mithilfe von induzierten pluripotenten Stammzellen (iPSCs) ein Modellsystem für das Seckel-Syndrom aufbauen, das weitere Aufschlüsse über die zellulären Ursachen und insbesondere die Bedeutung der Zentrosomen und Zilien für diese Krankheit geben könnte.