Molecular mechanisms of the Lupus-like autoimmune disease caused by defects of ADAR1
Bei den Erkrankungen Lupus erythematodes (SLE) sowie der seltenen Variante Aicardi-Goutières-Syndrom (AGS), die mit schweren Hirnschäden verbunden ist, attackiert das Immunsystem körpereigene Zellen.
Kennzeichnend für SLE wie AGS ist eine dauerhafte Aktivierung von Alpha-Interferonen (IFN). Dieses IFN-System erkennt als Teil des angeborenen Immunsystems virale Nukleinsäuren und leitet entsprechende Abwehrmaßnahmen ein, die sich in diesem Fall allerdings gegen körpereigene Zellen richten, ohne dass eine Virusinfektion nachzuweisen wäre.
Bei den bisher identifizierten Genveränderungen, die mit AGS assoziiert waren, waren jeweils Enzyme für den Abbau von Nukleinsäuren funktionell defekt. Das IFN-System reagiert dann möglicherweise auf Nukleinsäuren, die es als virale Infektion interpretiert. Eventuell nehmen auch sogenannte mobile DNA-Abschnitte überhand, die zu Recht als virale Partikel angesehen werden könnten, weil sie sich von Retroviren herleiten. Diese endogenen Retroelemente, auch „springende Gene“ genannt, können über eine RNA-Zwischenstufe in eine komplementäre DNA umgeschrieben und an anderer Stelle im Genom eingebaut werden – ein Prozess, der zwar evolutionär gesehen Vorteile bietet, aber aufgrund der Eingriffe ins Genom auch große Gefahren birgt; deshalb ist es wichtig, dass diese Retroelemente kontrolliert enzymatisch abgebaut werden.
Ein weiteres Enzym, dessen Beteiligung am Aicardi-Goutières-Syndrom seit kurzem diskutiert wird, ist ADAR1 (Adenosin Deaminase Acting on RNA). Dieses Protein, das in allen Gewebetypen vorkommt, dient hauptsächlich dazu, das Nucleosid Adenosin beim sogenannten RNA-Editing in Inosin umzuwandeln. Dadurch wird die von der DNA abgelesene und in RNA umgeschriebene Erbinformation modifiziert und die Proteinvielfalt allgemein erhöht. ADAR1 ist nicht nur wie die anderen bereits bekannten AGS-Gene am Abbau von Nukleinsäurefragmenten beteiligt, sondern auch an der Bildung und Funktion sogenannter micro-RNAs, die für die Genregulation wichtig sind. Mäuse ohne die entsprechende Genfunktion sterben bereits im Embryonalstadium.
Prof. Roers und Dr. Behrendt, die schon die Konsequenzen verschiedener Gendefekte an entsprechenden Mausmodellen untersucht haben, loten jetzt die Bedeutung von ADAR1 für diese neuromuskulären Erkrankungen aus. An Mäuseembryonen, die ohne funktionelles ADAR1 auskommen müssen, wird analysiert, wie ADAR1 das Abwehrsystem gegen Viren aktiviert. Dabei werden verschiedene Möglichkeiten des Pathomechanismus überprüft: Hemmt ADAR1 bestimmte von IFN aktivierte Gene oder aber aktivieren die beim Ausfall von ADAR1 intrazellulär angehäuften Nukleinsäuren beziehungsweise endogene Retroelemente das IFN-System? In einem zweiten Ansatz werden Mausmodelle für Autoimmunkrankheiten wie SLE und AGS generiert, die trotz des Ausfalls von ADAR1 lebensfähig sind; diese könnten weitere Untersuchungsmöglichkeiten eröffnen, die entscheidenden pathogenetischen Mechanismen dieser Erkrankungen zu entschlüsseln.