Funding Funded Projects Morgenländische Averroes-Handschriften in britischen Bibliotheken. Digitalisierung und Erfassung im Rahmen einer virtuellen Forschungsplattform

Morgenländische Averroes-Handschriften in britischen Bibliotheken. Digitalisierung und Erfassung im Rahmen einer virtuellen Forschungsplattform

Averroes (1126-98) – mit seinem vollen arabischen Namen Abū I-Walīd Muhammad Ibn Ahmad Ibn Rušd – aus Cordoba gehört zu den wichtigsten philosophischen Autoren des Mittelalters

Averroes verband in besonderer Weise die Disziplinen der Philosophie, der Medizin, des islamischen Rechts und der islamischen Theologie miteinander und hinterließ in allen diesen Bereichen wichtige Schriften. Neben seinen unabhängigen Werken – u. a. zum Verhältnis von Philosophie und Religion – stellen seine drei Serien von Kommentaren zum „Corpus Aristotelicum“ – „Kurze Kommentare“ oder „Epitomai“ („Kompendien“), „Mittlere Kommentare“ oder „Paraphrasen“ und „Große Kommentare“ („ad litteram“) – die wichtigste Hauptgruppe seines Werkes dar.
Nicht wenige arabische Schriften des Averroes, insbesondere unter den philosophischen Kommentaren zu Aristoteles, sind heute nur in europäischen Bibliotheken erhalten. Diese Überlieferungslage ist der im Unterschied etwa zu dem persischen Universalgelehrten Avicenna (980-1037) sehr begrenzten Rezeption des Averroes im arabischen Sprachraum geschuldet. Dies hat dazu geführt, dass in nicht seltenen Fällen judäo-arabische Abschriften die einzigen oder doch die hauptsächlichen Textzeugen für Averroes` Werke in ihrer Originalsprache sind. Auch im christlichen Spanien nämlich hielten die Juden vielfach bis ins 15. Jahrhundert an der arabischen Wissenschaftskultur fest, besaßen Handschriften arabischer Texte und gaben neue in Auftrag. So spielten sie eine Schlüsselrolle bei der Überlieferung des arabischen Wissens in Europa. Ein zweiter Faktor für die Präsenz arabischer Handschriften in Europa ist der im Zusammenhang mit Mission und beginnendem Kolonialismus stehende Aufschwung der orientalistischen Studien im 16. und 17. Jahrhundert. Orientreisende begannen Handschriften anzukaufen und nach Europa zu bringen. In diesem Kontext kamen die arabisch-hebräischen Übersetzungen der Werke des Averroes, die auch zahlreiche dem lateinischen Mittelalter unbekannte Texte umfassten, zum allerersten Mal in den Horizont des gelehrten Europas. Während man sich in der italienischen Renaissance noch ausschließlich damit begnügt hatte, das Korpus der Schriften des Averroes von jüdischen Gelehrten durch hebräisch-lateinische Übersetzungen vervollständigen zu lassen, wurden nun auch hebräische Handschriften philosophischer Texte selbst gesammelt. Allerdings dauerte es noch bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts, bis mit den historischen Arbeiten von Ernest Renan und Salomon Munk das Bild des Averroes erstmals auch mit Hilfe dieses orientalischen Erbes neu gezeichnet wurde.
Der westliche Beitrag zur Bewahrung und Wiederentdeckung des arabischen Averroes stellt einen bisher wenig beachteten Aspekt der Rezeption dieses Philosophen dar. Anhand des auf orientalistische Sammlungen des 17. Jahrhunderts zurückgehenden Bibliotheksbestandes Großbritanniens soll dieser Rezeptionskontext exemplarisch dokumentiert werden. Das Forschungsvorhaben versteht sich dabei als Teil der umfassenderen Projektstrategie des „Digital Averroes Research Environment“ (DARE), das als virtuelle Forschungsumgebung sämtliche Digitalisierungs- und Editionsleistungen zum Werk des Averroes verknüpft und präsentiert.
Das Forschungsprojekt erfordert die Digitalisierung von ca. 100 Handschriften aus zwölf britischen Bibliotheken und insbesondere deren am Inhalt der Handschriften orientierte Bearbeitung. Als Teil des größeren Phänomens der Averroesrezeption werden die Handschriften nämlich nur dann wahrnehmbar, wenn sie als Exemplare der in ihnen enthaltenen Averroestexte mit den übrigen Textzeugen verknüpft und auf digitale Editionstexte als einheitliche Referenzpunkte bezogen werden.
In seiner Verbindung eines inhaltlichen und methodischen Fokus mit einer großflächigen Strategie unterstreicht das Projekt das Eigengewicht der lokalen materiellen Tradition und dokumentiert zugleich eine wichtige Etappe im Wandel der europäischen Geisteskultur und in der Herausbildung unseres Bildes von der arabisch-islamischen Philosophie und ihrer Rolle für den Westen.
Nähre Informationen finden Sie hier: http://www.thomasinstitut.uni-koeln.de/11720.html

Newsletter Anmeldung

    Ich bin mit der Speicherung meiner Daten gemäß unseren Datenschutzhinweisen einverstanden.

    seven + 13 =

    Newsletter Abmeldung

      two + one =