Ende des 19. Jahrhunderts stand er an den Anfängen der Neueren deutschen Literaturwissenschaft als eigener Disziplin, nachdem diese sich in den 1870er Jahren von der altdeutschen Philologie abgelöst hat.
1877 nahm Scherer die für ihn geschaffene Professur für Neuere deutsche Literaturgeschichte an der Universität Berlin an. Als maßgeblicher Begründer der Goethe-Philologie half er die Weimarer Sophien-Ausgabe ins Leben zu rufen und vertrat als einer der letzten Philologen alle Hauptgebiete der Germanistik in Forschung und Lehre.
Am Institut für Germanistik II an der Universität Hamburg entsteht im Rahmen des Forschungsprojekts von Prof. Hans-Harald Müller eine philologisch zuverlässige und akademisch einsetzbare Edition der bislang unpublizierten Briefwechsel Scherers mit drei seiner Schüler: August Sauer (1855-1926), Bernhard Seuffert (1853-1938) und Richard Maria Werner (1854-1913). Alle drei arbeiteten an der Sophien-Ausgabe mit – eine der bedeutendsten Ausgaben der Werke Goethes –  und erlangten darüber hinaus Bedeutung für die Germanistik als Herausgeber maßgeblicher Werkausgaben oder wissenschaftlicher Beiträge.
Die geplante Edition von Prof. Hans-Harald Müller umfasst etwa 300 Briefe des Schriftwechsels zwischen Scherer und seinen Schülern und wird differenzierte Informationen über die Scherer-Schüler liefern: zu deren Biographie, mentaler Prägung, politischer Orientierung und dem akademischen und intellektuellen Werdegang.
Insbesondere wird die Ausgabe aber ein Werk zur Grundlagenforschung der germanistischen Wissenschaftsgeschichte bilden und damit einen Beitrag zur Aufklärung bisheriger Fehlannahmen über die Fachentstehung der Neueren deutschen Literaturwissenschaften leisten.