Ein solcher Missbrauch liegt vor, wenn Individuen, Firmen oder Institutionen der organisierten Kriminalität entweder Zahlungen seitens der leistenden staatlichen Agenturen erhalten, die ihnen nicht zustehen oder Gelder zurückhalten, die sie an die staatlichen Stellen hätten abführen müssen. Damit steht eine bewusste Täuschung und kriminelle Handlung im Raum, die eine erfolgreiche Sozialversicherungspolitik massiv gefährdet. Trotz der gestiegenen Wahrnehmung der Problematik stehen die Policy Maßnahmen im Kampf gegen den Missbrauch der Sozialversicherungssysteme derzeit nicht im Zentrum der politik- und sozialwissenschaftlichen Forschung.
An dieser Stelle setzt Prof. Moshe Maor vom Department of Political Science, The Hebrew University of Jerusalem,  an und untersucht in einer ersten Studie vergleichend die Auswahl der Policy Instrumente bei der Bekämpfung des Missbrauchs der Sozialversicherungssysteme. Insbesondere geht er dabei der Frage nach, ob der jeweilige Effekt, den eine Maßnahme der Missbrauchsbekämpfung auf das Ansehen einer sozialen Institution mit sich bringt, maßgeblichen Einfluss auf die Auswahl des Policy Instrumentes hat. Damit folgt das Projekt der von Carpenter (2010) formulierten These, dass bei der Suche nach den Gründen administrativen Handelns besonders dem durch die Handlung adressierten Publikum und der Gefährdungslage Beachtung geschenkt werden sollte.
Es lässt sich zudem von der Ausgangshypothese einer Interdependenz von Presseresonanz und Wahrnehmbarkeit des Steuerungsinstrumentes leiten. Demnach würde die staatliche Institution eher zu weniger visiblen Mitteln greifen, sofern und solange die Maßnahmen der Missbrauchsbekämpfung presseseitig hauptsächlich positiv dargestellt werden. Umgekehrt müsste sich belegen lassen, dass bei einer eher kritischen Berichterstattung Policy Instrumente eingesetzt werden, die eine relativ hohe öffentliche Wahrnehmbarkeit besitzen. Diese Effekte treten zudem überhaupt nur in Zeiten auf, in denen es zu einer vermehrten Berichterstattung über die Policy Maßnahmen in der Presse kommt. Diese Hypothesen überprüft Prof. Maor in seinem Forschungsprojekt und folgert, dass eine Bestätigung dieser darauf schließen ließe, dass die handelnden Institutionen Art und den Umfang ihrer Maßnahmen zur Missbrauchsbekämpfung zu einem Großteil an dem Motiv der Außenwirkung und der Perpetuierung ihrer Reputation ausrichten. In der wissenschaftlichen Bewertung eines Policy Instrumentes wäre dann nicht mehr nur nach dessen Einsatzspektrum, der zugrundeliegenden politischen Ausgangslage, der Quelle der geplanten Maßnahme, seiner political correctness, dem Maß seiner sozialen Akzeptanz und der politischen Einflussnahmemöglichkeiten der Betroffenen und nach dem internationalen Umfeld zu fragen, sondern auch nach seinem Beitrag zur Legitimierung der handelnden Institution.
Methodisch kombiniert die historisch-institutionelle Analyse agency policy Ansätze mit klassischer Inhaltsanalyse von Presseartikeln. Hinzu kommen Interviews mit Experten, die in den Jahren 2000 – 2010 in führenden Positionen mit der Bekämpfung des Missbrauchs der Sozialversicherungssysteme in Großbritannien, Irland, Dänemark, Deutschland, Australien und Israel befasst waren. Bei den zu betrachtenden Institutionen handelt es sich um Centerlink (Australien), das Department of Social Protection (Irland), das National Insurance Institute (Israel), das Department of Work and Pensions und seit 2006 die Social Security Agency und die National Fraud  Strategic Authority, das National Fraud Reporting Center and Intelligence Bureau, die National Lead Force for Fraud (alle Großbritannien), das Ministry for Social Affairs und das Ministry of Employment (Dänemark) und das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (Deutschland).