Funding Funded Projects Parteiendifferenzen, Spielarten des Kapitalismus und die Finanzkrise: Politische Erklärungsfaktoren der fiskalpolitischen Krisenreaktionen der OECD-Staaten

Parteiendifferenzen, Spielarten des Kapitalismus und die Finanzkrise: Politische Erklärungsfaktoren der fiskalpolitischen Krisenreaktionen der OECD-Staaten

Dr. Hörisch untersucht die politischen Erklärungsfaktoren der unterschiedlichen fiskalpolitischen Krisenreaktionen der OECD-Staaten

Die Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/2009 hat die Staaten der OECD zwar vor vergleichbare Herausforderungen gestellt, diese haben jedoch sehr unterschiedlich auf die Krise reagiert. Während die Mehrzahl der OECD-Staaten zum Teil sehr umfangreiche Konjunkturpakete verabschiedete, hielten mit Griechenland, Island, Irland und Ungarn vier Staaten auch in unmittelbaren Krisenzeiten an ihrer restriktiven Fiskalpolitik fest. Auch in der Ausgestaltung der fiskalpolitischen Reaktion zeigen sich deutliche Unterschiede. Einige Staaten reagierten mit einer Erhöhung der Staatsausgaben, andere wiederum mit einem Verzicht auf Staatseinnahmen in Gestalt deutlicher Steuervergünstigungen. Da es sich bei den Folgen der Subprime-Krise um ein relativ junges Ereignis handelt, sind die Policy-Reaktionen der OECD-Staaten auf die Krise bisher nur wenig untersucht, politikwissenschaftliche Studien zu den polit-ökonomischen Erklärungsfaktoren der Varianz der fiskalpolitischen Reaktionen in Art und Umfang fehlen fast vollständig.
Diese Lücke möchte das Projekt schließen und die politischen Erklärungsfaktoren für die unterschiedlichen fiskalpolitischen Reaktionen auf die Finanz- und Wirtschaftskrise identifizieren. Dr. Felix Hörisch vom Mannheimer Zentrum für Europäische Sozialforschung an der Universität Mannheim konzentriert sich dabei auf die unmittelbare fiskalpolitische Kernreaktion in Folge der Finanzkrise und analysiert die ergriffenen Policy-Maßnahmen in drei Schritten. Erstens wird danach gefragt, welche polit-ökonomischen Faktoren den Gesamtumfang der Fiskalmaßnahmen (in Prozent des Bruttoinlandsproduktes) und deren Variationen erklären. Warum reagierten einige Staaten mit umfangreichen, andere mit kleineren Konjunkturpaketen, während eine dritte Staatengruppe auch in der Krise eine restriktive Fiskalpolitik verfolgte?
Der zweite Schritt der Analyse widmet sich den Determinanten für die Aufteilung der fiskalpolitischen Reaktion zwischen Maßnahmen auf Staatsausgabenseite (z.B. Transferzahlungen an Unternehmen bzw. öffentliche und private Haushalt oder staatliche Investitionen) und Staatseinnahmenseite (z.B. Steuer- und Abgabensenkungen).
Drittens werden schließlich die polit-ökonomischen Erklärungsfaktoren für die Auswahl der einzelnen fiskalpolitischen Instrumente analysiert. Wie lässt sich bspw. erkennen, welche Gruppen bei Konjunkturpaketen von den fiskalpolitischen Maßnahmen profitieren bzw. welche bei restriktiver Fiskalpolitik von Einsparungen verschont bleiben?
Den theoretischen Rahmen bei der Beantwortung dieser Forschungsfragen bilden die etablierten Staatstätigkeits- und Policy-Theorien, die daraufhin überprüft werden, ob sie in der Lage sind, Fiskalpolitik in Krisenzeiten zu erklären oder ob es ihrer Erweiterung bzw. Modifizierung im Hinblick auf die Spezifika von Policy-Making in Krisenzeiten bedarf. Dabei überprüft Dr. Hörisch insbesondere die folgenden drei Hypothesen: Erstens die Hypothese der Dominanz von Parteieneffekten, zweitens die Hypothese über den Einfluss des Wirtschaftssystems bzw. der Spielart des Kapitalismus (Liberal vs. Coordinated Market Economies) und drittens die kombinatorische Hypothese von konditionalen Parteieneffekten je nach Spielart des Kapitalismus. Hier wird angenommen, dass Regierungsparteien gleicher Couleur ihre Politikentscheidungen nicht unabhängig vom polit-ökonomischen Kontext fällen, in dem sie regieren, sondern, dass dies maßgeblich von den institutionellen Gegebenheiten verschiedener Ökonomien abhängig ist.
Im Rahmen der zweistufigen Analyse kommt ein Methoden-Mix zum Einsatz. Im ersten Schritt werden aus der Parteiendifferenztheorie und dem „Varieties of Capitalism“-Ansatz gewonnene Hypothesen unter Kontrolle anderer möglicher Erklärungsfaktoren mithilfe einer fuzzy-set Qualitative Comparative Analysis (fsQCA) für alle 30 OECD-Staaten überprüft. Die Verwendung der fsQCA rechtfertigt sich vor allem angesichts der Erwartung, dass nicht einzelne Erklärungsfaktoren alleine für die fiskalpolitische Reaktion auf die Finanzkrise ausschlaggebend waren, sondern die Kombination verschiedener Faktoren. Im zweiten Schritt werden die Ergebnisse der fsQCA durch vier vergleichende Fallstudien ergänzt und die Alternativhypothese überprüft, dass die Wirtschafts- und Finanzkrise von nationalstaatlichen Regierungen als günstige Gelegenheit genutzt wurde, um Policy-Präferenzen durchzusetzen, deren Realisierung schon vor der Krise geplant waren. Zur Messung der Policy-Positionen wird dabei auf Verfahren der Quantitativen Textanalyse zurückgegriffen.

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