Funding Funded Projects Psychologische und gesellschaftspolitische Einflüsse auf die juristische Entscheidungsfindung: Die Beurteilung von Aussagen im gerichtlichen Kontext

Psychologische und gesellschaftspolitische Einflüsse auf die juristische Entscheidungsfindung: Die Beurteilung von Aussagen im gerichtlichen Kontext

Ziel des Projekts ist es, zu untersuchen, ob und inwieweit Richter und Staatsanwälte psychologische Methoden bei der Entscheidungsfindung anwenden.

Überdies wird untersucht, ob täter- und opferbezogene, für die Glaubhaftigkeitsbeurteilung irrelevante, Merkmale von den Beurteilern in ihren Entscheidungen berücksichtigt werden, was auch die Frage aufwirft, ob dem Gericht überhaupt personenbezogene Merkmale seiner Beweispersonen bekannt sein sollten.
 
Dem Projekt liegt die Annahme zugrunde, der BGH habe in seinem Urteil vom 30. Juli 1999 (BGHSt 45, 164) klargestellt, dass die richterliche Bewertung des Wahrheitsgehalts einer Zeugenaussage einzig und allein anhand der Systematik der sogenannten Glaubhaftigkeitsmerkmale, deren Validität durch empirische Untersuchungen belegt sei, zu erfolgen habe.
Insgesamt werden im Rahmen des Projekts drei Studien durchgeführt, in denen Fallvignetten zum Einsatz kommen, die jeweils aus einer kurzen Einführung und einer Opferzeugenaussage zu einer Vergewaltigung bestehen und anhand derer etwa 300 Versuchspersonen (Strafrichter/Staatsanwälte, Fachpsychologen und Laien) befragt werden.
Die erste Studie untersucht den Einfluss täterbezogener Merkmale (konkret: einschlägige Vorstrafen des Beschuldigten) auf Entscheidungen im Strafverfahren bzw. die Beurteilung der Erlebnisbasiertheit von Zeugenaussagen. In dieser Studie unterscheiden sich die Fallvignetten einzig im Merkmal der Vorstrafen des Beschuldigten. Die Versuchspersonen sollen auf einem Kontinuum mit den Polen „mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht glaubhaft“ und „mit hoher Wahrscheinlichkeit glaubhaft“ die Erlebnisbasiertheit der Opferzeugenaussage beurteilen und in zwei Fragebögen über soziodemographische Daten und über die Kriterien, die für die Beurteilung herangezogen wurden, Auskunft geben.
Die zweite Studie zielt auf den Einfluss der Emotionalität des vermeintlichen Opfers einer Straftat auf gerichtliche Entscheidungen. Die Fallvignetten unterscheiden sich hier durch die Einfügung von Hinweisen auf den emotionalen Zustand des Opfers, der bei der Beurteilung einer Glaubhaftigkeitsbeurteilung außer Betracht bleiben müsste.
Gegenstand der dritten Studie sind Ankereffekte im Kontext der gerichtlichen Glaubhaftigkeitsbeurteilung. In dieser Studie unterscheiden sich die Vignetten dadurch, dass in einer Gruppe in der Einleitung vermehrt Formulierungen wie „glaubhaft“ oder „Glaubhaftigkeit“ benutzt werden, in der anderen Gruppe vermehrt Formulierungen wie „nicht glaubhaft“. Bevor die Versuchspersonen die Zeugenaussage auf einem Kontinuum mit den Polen „mit hoher Wahrscheinlichkeit glaubhaft“ und „mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht glaubhaft“ einordnen, werden sie zudem in der ersten Gruppe darauf hingewiesen, ihre Aufgabe sei, zu beurteilen, ob die Aussage „sehr glaubhaft“ ist, in der zweiten Gruppe, ob die Aussage „wenig glaubhaft“ ist.

Newsletter Anmeldung

    Ich bin mit der Speicherung meiner Daten gemäß unseren Datenschutzhinweisen einverstanden.

    three × one =

    Newsletter Abmeldung

      twelve − eight =