Funding Funded Projects Steuerrechtsordnung einer Gesellschaft im Wandel: Gleichmäßigkeit der Ertragsbesteuerung aus der Perspektive der Betriebswirtschaftlichen Steuerlehre

Steuerrechtsordnung einer Gesellschaft im Wandel: Gleichmäßigkeit der Ertragsbesteuerung aus der Perspektive der Betriebswirtschaftlichen Steuerlehre

Ziel des Projekts ist eine konzeptionelle Neuausrichtung der betriebswirtschaftlichen Steuerlehre, mittels derer das verfassungsrechtliche Postulat der Gleichmäßigkeit der Besteuerung überprüfbar gemacht werden soll.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist Gleichmäßigkeit der Besteuerung ein elementares Besteuerungsziel. Es hat neben einer ethischen auch eine erfahrungswissenschaftliche Dimension. In dieser Hinsicht stellt sich die Frage, wie Gleichmäßigkeit durch ökonomische Theorien konkretisiert werden kann.
Wenn in der Betriebswirtschaftlichen Steuerlehre im Kontext der Gleichmäßigkeit der Besteuerung auf ökonomische Theorien rekurriert wird, erfolgt in der Regel ein neoklassischer Zugriff: Gegen die betriebswirtschaftlich-neoklassische Gleichmäßigkeit wendet Prof. Schmiel jedoch ein, dass diese Konkretisierung gegen das Brückenprinzip „Sollen impliziert Können“ verstößt. Sie setzt nämlich vollkommene Märkte unter Sicherheit bzw. stochastischer Unsicherheit voraus, die jedoch nicht realisierbar sind. Die Problematik besteht zudem darin, dass Erfahrungstatbestände wie Innovationen als Grundlage gesellschaftlichen Wandels, absolute Ressourcenknappheit, ökonomische Illiquidität, Staatstätigkeit sowie die Notwendigkeit der Steuererhebung erst in einer Welt mit realistischer Unsicherheit erklärt werden können. Solche Erfahrungstatbestände, die in vollkommenen Märkten unter Sicherheit oder stochastischer Unsicherheit nicht definiert sind, können nur wider-sprüchlich in Form sogenannter „Hybridmodelle“ in vollkommene Märkte integriert werden.
Eine widerspruchsfreie Erklärung solcher Erfahrungstatbestände ist durch Rückgriff auf eine evolutorische Theorie möglich, für die die endogene Berücksichtigung von Wandel elementar ist. Bisher fehlt es an einer konsistenten Konkretisierung der Gleichmäßigkeit der Besteuerung, die aus einem evolutorischen Marktordnungskonzept und auf der Grundlage einer evolutorischen Steuerwirkungstheorie entwickelt wird. Nach Auffassung von Prof. Schmiel ist es ein Desiderat, diese Lücke zu schließen: Erstens, weil – gemessen an einem diesem Projekt zugrundeliegenden kritisch-rationalistischen Wissenschaftsverständnis – eine theoretisch fundierte Konkretisierung des Besteuerungsziels Gleichmäßigkeit der Besteuerung fehlt und überdies zu vermuten ist, dass evolutorische Gleichmäßigkeit zu anderen Steuerrechtsregeln als neoklassische Gleichmäßigkeit gelangt. Zweitens ist das Fehlen eines evolutorisch fundierten Besteuerungsziels Gleichmäßigkeit relevant, weil das Steuerrecht nicht nur gleichmäßig ausgestaltet, sondern auch die tatsächlichen Steuerzahlungen gleichmäßig sein sollten.
Das Forschungsvorhaben ist in fünf Arbeitspakete gegliedert: Im ersten Arbeitspaket sollen u. a. die Handlungshypothesen konkretisiert werden. Im zweiten Arbeitspaket soll das Konzept evolutorischer Steuerwirkungen unter Berücksichtigung empirischer Studien ebenso konkretisiert werden wie der Zusammenhang von Besteuerungsunterschieden, individuell verwandter Zielgrößen und Steuerwirkungen. Im dritten Arbeitspaket sollen u. a. Entscheidungsfreiheit und Rechtsgleichheit als grundlegende Zeile der Marktwirtschaft von anderen evolutorischen Gemeinwohlverständnissen abgegrenzt werden. Der Umfang von Entscheidungsfreiheit und Rechtsgleichheit soll ebenso problematisiert werden wie der Konflikt zwischen diesen beiden allgemeinen Gütern. Ausgehend von der Finanzierungsnotwendigkeit öffentlicher Güter werden im vierten Arbeitspaket aus evolutorischer Perspektive Steuerzahllasten in den Blick genommen. Zur Beantwortung der Frage, ob eine Besteuerung Steuerausweichentscheidungen hervorruft, ist auf evolutorische Steuerwirkungshypothesen zu rekurrieren. Im fünften Arbeitspaket sollen auf Grundlage einer detaillierten Analyse ausgewählter Steuervorschriften Vorschläge zur Erarbeitung steuerrechtlicher Vorschriften mit dem Besteuerungsziel evolutorischer Gleichmäßigkeit erfolgen.

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