Struktur – System – Symbol. Studie zum Verhältnis von Ernst Cassirers »Philosophie der symbolischen Formen« und Claude Lévi-Strauss’ »Strukturaler Anthropologie«
Im Zentrum des Forschungsvorhabens stehen die möglichen Beziehungen zwischen der »Symbol«-Philosophie von Ernst Cassirer (1874-1945) und dem »Strukturalis¬mus« von Claude Lévi-Strauss (1908-2009).
In seinen letzten Lebensjahren, insbesondere nach seiner Bekanntschaft mit Roman Jakobson und der Strukturalistischen Linguistik im Jahre 1941, deutet Ernst Cassirer seine Philosophie der symbolischen Formen im Grunde als einen Strukturalismus, wobei er die zentralen Begriffe der »symbolischen Form« und der »Gestalt« explizit als Strukturbegriff verstanden wissen will. Dies bringt er auch im letzten zu Lebzeiten veröffentlichten Beitrag »Structuralism in Modern Linguistics« (1945) zum Ausdruck. Eine philosophische Lektüre von Schriften Lévi-Strauss` wie »Anthropologie structurale« (1958) oder »La pensée sauvage« (1962) wirft dagegen die Frage auf, inwieweit im philosophisch relevanten Werk von Lévi-Strauss neben dem zentralen Strukturbegriff nicht auch von einem symboltheoretischen Denken bzw. sogar von einer sinngemäßen Anwendung des Cassirerschen Begriffs der symbolischen Formen auszugehen ist.
Prof. Möckel geht in diesem Projekt implizit der Frage nach, inwieweit der Strukturalismus bzw. die strukturale Methode der ethnologisch ausgerichteten Kulturwissenschaft (Anthropologie) von Claude Lévi-Strauss nicht nur in der Tradition der strukturalistischen Linguistik (de Saussure, Trubetzkoi, Jakobson), sondern auch in der Tradition der Philosophie Ernst Cassirers, die in der Philosophie der symbolischen Formen der Kultur ihren prägnanten Ausdruck findet, steht. Explizit untersucht er die Begriffe der »Struktur“ im philosophischen Werk Cassirers und im philosophisch relevanten Werk Lévi-Strauss und versucht, diese in ihren Bedeutungs-gehalten, Implikationen und Konsequenzen vergleichend zu erfassen. Im Einzelnen werden dabei die jeweiligen »Struktur«-Begriffe in Beziehung zu Begriffen wie »System«, »symbolische Form« und »Ordnung« analysiert und die möglichen ideengeschichtlichen Quellen bzw. Parallelen des Begriffs der »Struktur« erschlossen. Diese werden mit Blick auf Cassirer in Schriften Wilhelm Diltheys, in der Sprachwissenschaft Ferdinand de Saussures und in der Wissenssoziologie Max Schelers, mit Blick auf Lévi-Strauss ebenso in der Sprachwissenschaft de Saussures, aber auch Nikolaj Trubetzkois und Roman Jakobsons gesucht. Das Projekt geht damit richtungsübergreifenden Tendenzen im philosophischen und wissenschaftlichen Denken zu Beginn des 20. Jahrhunderts, die sich in einigen späteren philosophischen und philosophisch relevanten einzelwissenschaftlichen Theorien wie der kulturwissenschaftlich orientierten »Philosophie der symbolischen Formen« bzw. der ethnologisch und kulturwissenschaftlich konzipierten »Strukturalen Anthropologie« zur Austragung kommen, nach.