Thesaurus Gregorianus: Internet-Datenbank Gregorianischer Offiziumsantiphonen
Offiziumsantiphonen sind kurze Gesangsstücke, die im Stundengebet der Kirche die Psalmen und andere biblische Gesänge rahmen.
Die Offiziumsantiphonen heben einen wichtigen Vers hervor oder ergänzen die Aussage des Psalms in einer spezifischen liturgischen Situation durch einen anderen biblischen oder nicht-biblischen Text. Vor allem an Festen und in geprägten Zeiten sind die Antiphonen eine wichtige Quelle der Theologie und Spiritualität. Als Teil der ältesten erhaltenen europäischen Musik, die zudem bis heute gepflegt wird und in den letzten Jahren eine wahre Renaissance erlebt, stellen sie nicht nur ein bedeutendes Quellencorpus mittelalterlicher Liturgie dar, sondern gehören zum lebendigen Erbe abendländischer Kultur.
Ziel des Projektes ist es, diesen im Vergleich etwa mit der populäreren Mess-Gregorianik bislang eher vernachlässigten Teil des Gregorianischen Kernrepertoires zu erschließen und damit Grundlagenarbeit für die interdisziplinäre Forschung zu leisten: In Form einer Internet-Datenbank wird eine synoptische Edition nach den Handschriften der ältesten und wichtigsten Traditionen erstellt, die auf einen Blick die Varianten von Text und Melodie ersichtlich macht. Eine lemmatisierte Wortkonkordanz, ein Bibelstellenindex und Indices der liturgischen Verwendung sowie des Modus (Tonart), gegebenenfalls auch des Melodietyps ermöglichen differenzierte Suchmöglichkeiten.
In der ersten, zweijährigen Förderphase wurde jenes Kernrepertoire von ca. 2.400 Antiphonen bearbeitet, die schon in den ältesten Handschriften bezeugt sind: in den beiden neumierten Antiphonalien St. Gallen, Stiftsbibliothek 390/391 („Antiphonale des Hartker“) und von Mont-Renaud sowie im noch unneumierten Antiphonale von Compiègne („Antiphonale Karls des Kahlen“). Darüber hinaus wurden Datensätze für sämtliche weiteren Antiphonen angelegt, die in den 22 berücksichtigten Handschriften belegt sind; diese insgesamt mehr als 6.000 Stücke umfassen ein größeres Repertoire als die bislang gedruckt vorliegenden Editionen. Ihre vollständige Aufarbeitung (Edition, Erschließung durch Konkordanz und Indices) geschieht in einer zweiten, für 2013–2014 genehmigten Projektphase.
Auf diese Weise entsteht ein Arbeitsinstrument, das der Liturgiewissenschaft genauso wie der Musikwissenschaft und verschiedenen mediävistischen Disziplinen neue Arbeitsmöglichkeiten an einer zentralen Quelle des liturgischen, musikalischen und kulturellen Lebens des Mittelalters eröffnet; mit der Freischaltung ist Mitte 2014 zu rechnen.
Weitere Informationen zum Forschungsprojekt finden Sie hier:
www.uni-regensburg.de/theologie/forschung/projekte/index.html