Tötungsdelikte an 6-13jährigen Kindern – Taten, Täter und rechtliche Aufarbeitung
In den vergangenen Jahren haben Tötungsdelikte an Kindern immer wieder große Betroffenheit verursacht und zu Diskussionen über die Hintergründe der Taten, den Umgang mit den Täterinnen und Tätern sowie zu möglichen Präventionsstrategien geführt.
Dabei standen Delikte an jüngeren Kindern oft im Vordergrund. Auch Experten widmeten sich zumeist den kleineren Kindern, nicht zuletzt aufgrund ihrer höheren Vulnerabilität. Bislang fehlt es an wissenschaftlichen Untersuchungen zu älteren Kindern. Vor diesem Hintergrund ist es Ziel des Forschungsvorhabens, alle vorsätzlichen, vollendeten Tötungsdelikte an Kindern im Alter von 6-13 Jahren in Deutschland im Zeitraum 1997-2012 systematisch zu analysieren. Im Rahmen des Projekts wird anhand einer Analyse der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakten untersucht, wie sich für die diese Altersgruppe Tathintergründe, Tatbegehung, Tatmotive und allgemeine Tatumstände darstellen. Zudem wird ermittelt, welche Muster sich bezogen auf Tatentdeckung sowie Aufklärung und strafrechtliche Aufarbeitung der Delikte zeigen. Es interessiert insbesondere, in welchen Bereichen sich Überschneidungen mit der Gruppe der jüngeren Kinder zeigen.
Auf der Täterseite erwartet Prof. Pfeiffer, dass es bei älteren Kindern als Opfern im Verhältnis mehr Fälle von erweiterten Suiziden und gezielten Tötungen gibt, vor allem im Rahmen sogenannter „Familientragödien“. Auch Misshandlungstötungen dürften in dieser Altersgruppe eine große Rolle spielen. Vermutet wird ein insgesamt höherer Anteil von männlichen Tätern bei Tötungsdelikten an älteren Kindern. Bei der Gruppe der Misshandlungstötungen soll speziell untersucht werden, ob sich gerade in dieser Deliktgruppe relativ mehr soziale Väter als Täter finden – ein Ergebnis, das sich bei 0-5jährigen Kindern zeigte – oder ob diese Beobachtung auf die jüngere Opfergruppe begrenzt bleibt.
Während bei den 0-5jährigen Kindern die Täter und Täterinnen stets aus dem unmittelbaren persönlichen Umfeld der Kinder kamen – in der Regel handelte es sich um leibliche oder soziale Eltern – kommen bei den 6-13jährigen Fremdtäter neu hinzu. Erste Medienrecherchen für die ältere Opfergruppe haben ergeben, dass Mädchen doppelt so häufig wie Jungen Opfer von Fremdtätern wurden. Zudem spielten bei einem großen Teil der Fremdtäter sexuelle Motive eine Rolle. Zumeist sollte in diesem Fall die Tötung des Kindes einen vorangegangenen sexuellen Missbrauch verdecken, selten dagegen war die Tötung selbst Teil der sexuellen Phantasie des Täters.
Ob sich diese Erkenntnisse bei einer größeren Anzahl von Fällen bestätigen werden, ist Gegenstand der Aktenanalyse.
In einem ergänzenden Projektmodul wird eine Medienanalyse durchgeführt. Untersucht wird, ob und wenn ja, wie sich in den vergangenen Jahren die Berichterstattung über Tötungsdelikte an Kinder der Altersgruppe 0-5 Jahre im Vergleich zu der Gruppe 6-13 Jahre verändert hat und ob sich darin gesellschaftliche Veränderungen widerspiegeln. Dazu werden ausgewählte regionale und überregionale Print- und Onlinemedien für die Jahre 1997–2012 nach entsprechenden Berichten durchsucht und die Ergebnisse nach den Fallgruppen des Hauptprojekts gruppiert und ausgewertet.