Funding Funded Projects Übersetzungen als Sprachkontaktphänomene – Untersuchungen zu lexikalischen, grammatischen und stilistischen Interferenzen in mittelkymrischen religiösen Texten

Übersetzungen als Sprachkontaktphänomene – Untersuchungen zu lexikalischen, grammatischen und stilistischen Interferenzen in mittelkymrischen religiösen Texten

Das Projekt gilt dem Einfluss der Ausgangs- auf die Zielsprache bei Übersetzungen.

Im Rahmen des Projekts sollen Merkmale bestimmt werden, an denen nachweisbar ist, die Skala übersetzerischer Optionen zwischen „Ausgangs- vs. Zielsprachenorientiertheit“ bzw. „wörtlich vs. frei“ zu konturieren und nach den Faktoren gefragt werden, die die Entscheidung für eine dieser Optionen motivieren.
Als Korpus dienen Übersetzungen religiöser lateinischer Texte in mittelalterlicher walisischer Literatur: konkret die kymrische Handschrift „Llyfr Ancr Llanddewibrefi“ von 1346 (LlA) und ihre Parallelüberlieferungen. Sie enthält sowohl zahlreiche Textsorten (kommentierte oder unkommentierte Bibel-Passagen, apokalyptische Texte, Dialoge, theologische Traktate, Heiligenviten etc.) als auch sehr unterschiedliche Übertragungsoptionen, von wörtlichen Übersetzungen zu sehr freien Adaptationen. Das Korpus bildet deshalb eine besonders geeignete Grundlage für eine Erforschung der Übersetzungstätigkeit und ihrer Merkmale. Die religiösen Übertragungen sind zudem für die weitere Sprachentwicklung wichtig, da sie die Bibelübersetzungen von 1567 und 1588 beeinflussten, die ihrerseits später zur schriftsprachlichen Norm des Kymrischen avancierten.
Aus den Texten des LlA, relevanten Parallelüberlieferungen sowie den mutmaßlichen lateinischen Vorlagen wird als erstes in einer Datenbank ein Parallelkorpus erstellt. Die Synopse ermöglicht, die Fluidität oder Stabilität der einzelnen Texte zu ermessen, Versionen und Schreibereingriffe zu identifizieren und ein textkritisches Stemma der Abhängigkeitsverhältnisse zu erstellen.
Anhand des Parallelkorpus werden dann folgende Fragen bearbeitet: An welchen Merkmalen ist der Einfluss einer Ausgangs- auf die Zielsprache bei Übersetzungen nachweisbar? Welches Spektrum möglicher Optionen zwischen ausgangsprachengeprägter Übersetzung und zielsprachenorientierter Adaptation wird realisiert? Welche Faktoren bestimmen die Entscheidung für eine dieser Optionen? Inwiefern können „eigenständige“ Übersetzungen von einer Rezensionsbildung (d. h. einer Traditions- und Bearbeitungsfiliation einzelner Versionen) unterschieden werden? Wie ist eine verfeinerte Typologie „echter“ Übersetzungen zu konzipieren? etc.
Beleuchtet werden im Bereich der Syntax u. a. Relativsätze (Subordinationstiefe etc.), die Umsetzung von lateinischen Partizipial- und Gerundialkonstruktionen, das Verhältnis von Para- zu Hypotaxe; im stilistischen Bereich interessieren Erzähltempus, Erzählereingriffe und -kommentare, metatextuelle Vergleiche, Einsatz und Frequenz von idiomatischen Wendungen, die von der Forschung als typisch für „walisische“ Erzählweisen angenommen werden, u. Ä.
Die empirische Analyse der Übersetzungen auf mehreren Textebenen erlaubt, traditionelle normative Forschungsannahmen zu überprüfen und ggf. zu korrigieren. Für die Keltologie soll das Projekt vertiefende Einblicke in Grammatik und Stilistik des Mittelkymrischen und variationslinguistische Erkenntnisse zur Vielfalt seiner Ausdrucksmöglichkeiten, für Philologie und Linguistik eine empiriebasierte Typologie von Übersetzungen samt einem Inventar sprachkontaktinduzierter Effekte der Ausgangs- auf die Zielsprache sowie eine theoretisch neu fundierte Operationalisierbarkeit der Kategorien „wörtlich vs. sinngemäß“ erbringen.

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