Umfeld der achaimenidischen Residenz bei Karacamirli (Aserbaidschan)
Im Westen Aserbaidschans konnten zwischen 2006 und 2013 verschiedene Bauten einer achaimenidischen Residenz bei Karacamirli freigelegt werden, die als Sitz des persischen Stadthalters gedeutet wurde.
Das im Zentrum auf dem Gurban Tepe gelegene Bauwerk gilt bis heute als einziger genuin achaimenidischer Palast außerhalb des Irans; es handelt sich zudem um das größte antike Einzelgebäude des gesamten Kaukasus. Sowohl der Palast als auch das Propylon vom Ideal Tepe sind großköniglichen Bauten nachempfunden, die in Persepolis während der Regierungszeit des Xerxes (486-465 v. Chr.) entstanden sind. Neben den Monumentalbauten konnten auch Teile der zum Propylon zugehörigen Umfassungsmauer (450 m x 425 m) sowie ein Wirtschaftsgebäude auf dem Rizvan Tepe ausgegraben werden. Zudem wurde in der Flur Dara Yatax, etwa ein Kilometer nördlich des Palastes, mittels Sondagen eine zeitgleiche Siedlung der indigenen Bevölkerung nachgewiesen.
Da der Palast an der nördlichen Peripherie des Reiches nur im Zusammenhang mit umfangreichen Verwaltungs- und Wirtschaftgebäuden vorstellbar ist, wird im Rahmen der Studie die gesamte Anlage ausführlich untersucht und nach weiteren Funktionsbauten geforscht. Erste Hinweise auf einschlägige Bauten konnten bereits ausgemacht werden. So deuten Bodenkonsistenz, Vegetation und Lesefunde darauf hin, dass der Ilyas Tepe ehemals ein bebauter Platz war. Luftaufnahmen und geomagnetische Untersuchungen deuten darauf hin, dass sich rund 300 m nördlich des Gurban Tepe ein weiterer Komplex befunden hat.
Im Rahmen der Untersuchung werden die in der Voruntersuchung bereits erkennbar gemachten Komplexe nun durch gezielte Grabungen soweit freigelegt, dass Stratigraphie, Grundrisspläne und Funktionszusammenhänge der Gebäude bestimmt werden können. Da die Topographie des Ortes mit Ausnahme der genannten Areale durch rezenten Ackerbau nachhaltig verändert wurde, werden sämtliche Nutzungsspuren durch systematische Oberflächensurveys, kleinere Sondagegrabungen sowie geochemische und geophysikalische Prospektionen zusammenhängend in den Blick gebracht und deren Funktionsweisen in der Besiedlungsgeschichte verortet.
Den Projektleitern zufolge ist aufgrund der Voruntersuchung mit einer umfangreichen Vorbesiedlung zumindest in der ersten Hälfte des 1. Jahrtausends v. Chr. zu rechnen. Da eine keramische Referenzabfolge für diesen Zeitraum in Aserbaidschan noch nicht vorliegt, ist die Untersuchung dieser vorachaimenidischen Befunde von großem Interesse, gerade im Hinblick auf die nachfolgende Besiedlung und das Verständnis zeitgleicher Befunde aus der Region. Damit bietet sich die einzigartige Gelegenheit, die Organisation der Reichsverwaltung sowie die Spuren, welche die Fremdherrschaft bei der indigenen Bevölkerung hinterlassen hat, erstmalig archäologisch zu erfassen. Im Ergebnis soll auch gezeigt werden, in welchem Ausmaß die „imitatio regis“ in den Randgebieten des Reiches umgesetzt wurde.