Unternehmerfamilie Thyssen im 20. Jahrhundert
Unabhängige Historiker und Historikerinnen der Universitäten München und Bonn beschäftigen sich mit der Unternehmens- und Familiengeschichte der Industriellenfamilie Thyssen und schließen damit eine Forschungslücke.
Der zeitliche Rahmen des Forschungsprojekts reicht in etwa von der vorletzten Jahrhundertwende bis in die 1960er-Jahre. Gegliedert ist das Vorhaben in zwei Teilprojekte:
Prof. Margit Szöllösi-Janze, Historisches Seminar, Ludwig-Maximilians-Universität München, widmet sich mit ihrem Team einer kulturwissenschaftlich inspirierten Familiengeschichte. Dr. Simone Derix untersucht das »dynamische, sich ständig umknüpfende familiäre Netzwerk« der Thyssens und fragt nach familiären Praktiken, Lebensformen und Identitäten der kosmopolitisch lebenden und global agierenden Familie. Johannes Gramlich analysiert die »KunstmarktPolitik der Thyssens« als Verknüpfung von ökonomischer Investition, symbolischer Kapitalbildung und Ästhetik, Felix de Taillez beschäftigt sich mit der Nutzung der Medien durch die Familie am Beispiel vor allem der Brüder Fritz und Heinrich Thyssen(-Bornemisza).
Nach dem unerwarteten Tod von Prof. Christoph Buchheim, Seminar für Wirtschafts- und Sozialgeschichte, Universität Mannheim, leitet nun Prof. Günther Schulz, Institut für Geschichtswissenschaft, Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, das zweite Forschungsteam mit unternehmenshistorischem Schwerpunkt. Sechs Einzelprojekte beschäftigen sich mit dem unternehmerischen Handeln nach dem Tod des Firmengründers August Thyssen und der im gleichen Jahr vollzogenen Einbringung der August-Thyssen-Hütte in die Vereinigte Stahlwerke AG: Vereinigte Stahlwerke AG im Dritten Reich (Alexander Donges), Vermögenskonfiskation und Rückerstattung im Fall Fritz Thyssen (Dr. Jan Schleusener), Neugründung der August-Thyssen-Hütte nach dem Zweiten Weltkrieg (Dr. Johannes Bähr), die Thyssen-Bornemisza-Gruppe (Dr. Harald Wixforth), Zwangsarbeit in den Thyssenschen Unternehmungen (Dr. Thomas Urban) sowie der Thyssen-Bornemisza-Verbund 1932 bis 1947 (Dr. Boris Gehlen). Die Ergebnisse aller Teilprojekte sollen veröffentlicht werden.
Das Forschungsprojekt wird jeweils zur Hälfte von der Fritz Thyssen Stiftung und der im September 2006 gegründeten Stiftung zur Industriegeschichte Thyssen finanziert. Mitbegründer dieser in Duisburg ansässigen gemeinnützigen Stiftung zur Förderung von Wissenschaft und Forschung ist der Urenkel August Thyssens, Georg Heinrich Thyssen-Bornemisza, der auf diese Weise die kritische wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Geschichte seiner Familie fördern möchte.
Ergänzt wird das Projekt durch eine Studie zur Gründung der Fritz Thyssen Stiftung, durchgeführt von Prof. Hans Günter Hockerts, Historisches Seminar, Ludwig-Maximilians-Universität München.