Vergaberecht als entwicklungspolitisches Instrument der Korruptionsbekämpfung in den Staaten Subsahara-Afrikas
Unter welchen Bedingungen können Vergaberechtssysteme als Instrument der Korruptionsbekämpfung in afrikanischen Staaten implementiert werden?
Um diese Frage zu bentworten, fertigt Prof. Markus Kaltenborn vom Lehrstuhl für Öffentliches Recht der Universität Bochum eine rechtsvergleichende Analyse unter Würdigung des soziokulturellen Rahmens an. Die politischen und volkswirtschaftlichen Probleme, die den Entwicklungsländern Subsahara-Afrikas durch staatliche Korruption entstehen, sind zuletzt stärker in den Blick der bilateralen und multilateralen Entwicklungszusammenarbeit geraten. Angesichts der mit Korruption einhergehenden Rechtsunsicherheit und Wettbewerbsverzerrung, die sich letztlich auch negativ auf das Engagement ausländischer Investoren auswirkt, fordern auf dem Gebiet der Entwicklungszusammenarbeit tätige internationale Organisationen wie Weltbank, IWF oder OECD von den afrikanischen Partnerländer verstärkte Bemühungen um eine effektive Korruptionsbekämpfung als Element einer umfassenden „good governance“-Konzeption. Den Staaten steht dabei neben dem Strafrecht vor allem auch das Recht der öffentlichen Auftragsvergabe als wichtiges Instrument im Kampf gegen die Korruption zur Verfügung. Gleichwohl wurden nicht alle Erwartungen erfüllt, die an die in den vergangenen Jahren vielfach neu implementierten Vergaberechtssysteme gestellt wurden.
Vor diesem Hintergrund legt Prof. Kaltenborn unter Berücksichtigung der einschlägigen international-rechtlichen Vorgaben und des soziokulturellen sowie politischen Kontextes eine Bestandsaufnahme und Analyse der neuen Vergabegesetzgebung in Subsahara-Afrika mit Blick auf ihre Eignung zur Korruptionsbekämpfung vor. Zugleich zeigt er auf, mit welchen besonderen Anforderungen der Aufbau moderner, westlich geprägter Verwaltungsrechtssysteme in Entwicklungsländern verbunden ist. Das Projekt leistet damit einen Beitrag zu dem in Deutschland bislang nur untergeordnet etablierten öffentlich-rechtlichen Teilbereich der Law and Development-Forschung.
Den Kern der Analyse bildet eine rechtsvergleichende Untersuchung der nationalen Vorschriften zur öffentlichen Auftragsvergabe. Der systematische Vergleich der in jüngerer Zeit eingerichteten Vergaberechtssysteme soll Rückschlüsse auf die Eignung der Verfahrensarten und Kontrollinstrumente für die Gestaltung einer nachhaltig korruptionsfreien Auftragsvergabe erlauben. Dabei stellen das Verfahrens- und das Organisationsrecht die zentralen Anknüpfungspunkte für die Beurteilung der Leistungsfähigkeit der afrikanischen Vergaberechtsgesetzgebung auf dem Gebiet der Korruptionsbekämpfung dar. Zudem wird die Eignung der Instrumente auch sektorspezifisch differenziert und danach gefragt, ob bestimmte öffentliche Auftraggeber oder Auftragsarten von dem Regime des Vergaberechts ausgenommen bleiben.
Mit Blick auf den soziokulturellen Kontext der Vergabesysteme wird der Tatsache Rechnung getragen, dass der Problemkomplex Korruption in vielen afrikanischen Ländern schärfer ausgeprägt ist als in den Industrienationen. Hier wird insbesondere überprüft, ob über den Aufbau neuer Institutionen, die mit der Durchführung und Überwachung öffentlicher Aufgaben betraut sind, die Korruption in afrikanischen Staaten zumindest teilweise eingedämmt werden kann. So sollen möglichst auch verallgemeinerungsfähige Erkenntnisse zu der bislang in der Forschung nur unzureichend berücksichtigten Reform der verwaltungsrechtlichen Teilsysteme in den Ländern Subsahara-Afrikas gewonnen werden.
Der Vergleich von vier afrikanischen Vergaberechtsverfahren (in Ghana, Kenia, Tansania und Uganda) wird nach Auswertung der online verfügbaren Materialien in eine Recherchephase vor Ort übergehen, um über Kontaktaufnahme mit den an der Vergaberechtsetzung und ihrer Implementierung beteiligten Organisationen und Personen zusätzliche Informationen zur Umsetzung sowie allgemein zu den Vorzügen und Defiziten der neuen Vorschriften zu erlangen. Zu den Ansprechpartnern zählen die nationalen Vergabeorganisationen, nationale und internationale NGOs, die sich der Korruptionsbekämpfung verschrieben haben, internationale und nationale Organisationen der Entwicklungszusammenarbeit, die den Aufbau von Vergaberechtssystemen in ihren afrikanischen Partnerländern fördern, sowie wissenschaftliche Institutionen mit einem vergleichbaren Tätigkeitsschwerpunkt.