Verläufe und Effekte von Insolvenzverfahren – Eine empirische Untersuchung zu Auswirkungen der Insolvenzrechtsreformen
In einer effizienten Volkswirtschaft sind Unternehmensinsolvenzen Teil eines Selektionsprozesses, in dem dauerhaft nicht überlebensfähige Unternehmen liquidiert und dauerhaft lebensfähige Unternehmen saniert werden.
In Deutschland wurde 1999 und 2012 das Insolvenzrecht reformiert. Dr. Gottschalk und
Dr. Licht untersuchen nun, inwiefern diese Reformen zielgenau diesen Selektionsprozess unterstützen.
Im Rahmen von Insolvenzverfahren kann es aus ökonomischer Perspektive zu zwei Fehlern kommen: Erstens können ineffiziente Unternehmen erhalten bleiben und zweitens effiziente Unternehmen liquidiert werden. Auf die Effizienz dieses Verfahrens hat die Insolvenzordnung einen starken Einfluss. In den alten Bundesländern galten bis zum Inkrafttreten der Insolvenzrechtsreformen 1999 noch die Konkursordnung von 1877 und die Vergleichsordnung von 1935. Eine Befriedigungsquote von Gläubigern von nur 8 % und eine faktische Bedeutungslosigkeit von Vergleichen (für die eine Vergleichsquote von 35% notwendig gewesen wäre) machten spätestens nach der Krise der 1970er Jahre deutlich, dass das Insolvenzrecht seine Aufgaben kaum noch erfüllte. Mit den Reformen von 1999 und 2012 lehnte der Gesetzgeber das deutsche Insolvenzrecht stärker am US-amerikanischen Recht an. Zusammengefasst verfolgte die Reform drei Ziele: Verbesserung der Chancen auf Sanierung und Fortführung insolventer Unternehmen, Reduktion der Schäden für Gläubiger durch rechtzeitige Insolvenzantragsstellung, Eröffnung von Perspektiven für Überschuldete durch Restschuldbefreiung nach einer Wohlverhaltensperiode.
In ihrem Forschungsvorhaben analysieren Dr. Gottschalk und Dr. Licht diese Reformen und formulieren folgende Forschungsfragen:
- Wie zielgenau können zukunftsfähige Unternehmen von solchen ohne Überlebenschance unterschieden werden?
- Wie haben sich die Reformen auf Unternehmen vor Beginn eines Insolvenzverfahrens, also von einer Unternehmenskrise bis zur Antragstellung, ausgewirkt? Erhöht sich die Wahrscheinlichkeit für ein Insolvenzplanverfahren, wenn Insolvenzen früher beantragt werden?
- Welcher Zusammenhang zeigt sich zwischen Unternehmensinsolvenzen und Verbraucherinsolvenzen? Haben eventuelle Verbraucherinsolvenzen von Unternehmern Folgen für ihre möglichen, weiteren unternehmerischen Aktivitäten?