Verzeichnis der in Palästina/Israel veröffentlichten Schriften deutsch-jüdischer Immigranten in deutscher Sprache
In den Jahren 1933-1938 immigrierten ca. 60.000 deutsche Juden nach Palästina.
Die Immigration europäischer Juden nach Palästina beginnt mit dem Zionismus Ende des 19. Jahrhunderts, v.a. mit Einwanderern aus Osteuropa. Deutsche Juden stellten jedoch die intellektuelle Elite der Zuwanderer dar und spielten in den 1920er Jahren insbesondere bei der Institutionenbildung eine wichtige Rolle. Die größte deutsch-jüdische Einwanderungswelle (1929–1939) war nicht mehr primär zionistisch motiviert, sondern führte – auf der Flucht vor dem Nationalsozialismus – Juden nach Israel, die in der deutschen Sprache und Kultur verwurzelt blieben und sie dort weiter pflegten. Zwischen 1933 und 1938 kamen ca. 60.000 deutsche Juden nach Palästina, gegenüber ca. 80.000 bereits dort Ansässigen, von denen nur ca. 2.000 aus Deutschland stammten. Die Immigranten organisierten sich bald in verschiedenen Institutionen (v.a. der „Vereinigung der Einwanderer aus Deutschland“), gründeten deutschsprachige Zeitschriften, Verlage, Lesezirkel etc. und veröffentlichten Schriften auf Deutsch. Allerdings wurden diese meist in Kleinst-Auflagen, unter dürftigen technischen Bedingungen, auf schlechtem Papier gedruckt, z. T. nur hektographiert. In solcher Form erschienen ab 1938 Texte von Else Lasker-Schüler, Max Brod, Arnold Zweig, Schalom Ben-Chorin, Werner Kraft, Ludwig Strauß u.a. sowie bedeutende Anthologien, aber auch eine bis heute unerfasste Flut anderer Genres (politische Publizistik, religiöse Texte, Fach- oder alltägliche Gebrauchsliteratur wie Kochbücher, Vereinszeitschriften etc.).
Das umfangreiche Korpus bildet ein wichtiges Kapitel der Exilgeschichte, der jüdischen Geschichte und der deutschen Literatur, das erst in neuerer Zeit – mit dem Ableben der Einwanderergenerationen – an sein Ende kommt. Es ist bislang weder erschlossen noch dokumentiert.
Das Projekt will deshalb jenes Korpus in Form zweier korrelierter Ziele sichern und erschließen: Alle deutschsprachigen Texte von jüdischen Immigranten, die in Palästina/Israel erschienen sind und die den Schluss zulassen, dass sie der Öffentlichkeit zugänglich waren, werden in einer kommentierten Bibliographie erfasst. Zeitgleich wird am Lehrstuhl für Literatur- und Kulturwissenschaft der ETH Zürich eine Sammlung mög-lichst sämtlicher bibliographierter Rara-Publikationen aufgebaut. Davon werden wiederum seltene oder exemplarische Titel digitalisiert, um sie konservatorisch zu sichern und ortsungebunden konsultierbar zu machen.
Auf der Grundlage der Projektergebnisse wird eine (Neu-)Bearbeitung zahlreicher Fragen möglich sein: Welche Rolle spielte das Deutsche in Palästina bis 1933? Wie beeinflusste die Masseneinwanderung die Einstellung zur deutschen Sprache? Was änderte sich 1939 oder nach der Wiederaufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen Israel und Deutschland? Wie veränderte sich im Untersuchungszeitraum die Nutzung des Deutschen als Medium von Literatur oder politischer Propaganda und wie die Leserschaft bzw. das Zielpublikum?