Vorbild Feind? Der mitteldeutsche Fundplatz Frienstedt − germanische Elite unter römischem Einfluss
Der außerordentliche Materialreichtum an römischen Objekten ist wohl eindeutiger Beleg dafür, dass die Region im 3. Jahrhundert n. Chr. eine Sonderstellung innerhalb des ‚Barbaricum‘ einnahm.
Die bereits großflächig ausgegrabene Siedlung mit einem Bestattungsplatz bei Frienstedt (Kreis Erfurt) bietet aufgrund der reichen Keramikfunde und der vielen römischen Objekte, die vor Ort gefunden wurden, ideale Voraussetzungen, um das chronologische Verhältnis von Fernhandel und einheimischer Technologie zu untersuchen. Unter dem Aspekt exemplarischer Modellbildung zur innergermanischen Sozialgeschichte im Spannungsfeld römischer Macht bearbeiten Prof. Claus von Carnap-Bornheim und Dr. Sven Ostritz das Fundmaterial, darunter rund 200 Fibeln, 54 größere und 707 kleinere Gefäßfragmente, 211 Pferdegeschirrbestandteile, Waffen und Zierbeschläge, 190 bronzene Schmuckgegenstände, Statuetten, Schlüssel und Ringe, 57 Silbergegenstände, 168 Münzen und 142 Terra-Sigillata-Gefäße/Fragmente.
Anhand dieser Funde kann — besser als in jeder anderen Region — der politische, ökonomische und ideelle Einfluss der römischen Kultur auf die germanische Gesellschaft exemplarisch dargestellt werden. Unstrittig ist demnach, dass die germanische Elite sowohl auf wirtschaftlichem als auch auf militärischem Gebiet mit den Römern zusammengearbeitet hat und dass der enge Kontakt erkennbare Auswirkungen auf technologische, gesellschaftliche und weltanschauliche Gebiete hatte.
Das Projekt gliedert sich in vier Problemfelder: Im ersten Abschnitt geht es um sozialökonomische Strukturen und die politische Entwicklung. Der zweite Abschnitt umfasst die chronologische Bestimmung der Funde und ihre historische Deutung. Im dritten Projektteil geht es um Weltanschauung und politischen Einfluss, wobei den beiden Kultfiguren im Frienstedter Fundmaterial besondere Aufmerksamkeit zukommt. Der abschließende Teil sieht naturwissenschaftliche Analysen vor, mit denen das Verhältnis von Fernhandel und Technologietransfer beleuchtet werden soll.