Wenn die Kraftwerke der Zellen streiken
Mit dem Oberbegriff Leukoenzephalopathien werden krankhafte Veränderungen der weißen Substanz des Gehirns beschrieben.
Da diese vor allem aus Nervenleitungsbahnen besteht, äußern sich Leukoenzephalopathien in erster Linie durch den Verlust der Leitfähigkeit dieser Bahnen sowie einen zunehmenden Verfall neurologischer Strukturen. All dies verursacht somit Bewegungsstörungen und neurologische Ausfälle.
Das Spektrum umfasst Krankheiten des Kindesalters, die durch erbliche Stoffwechselstörungen bedingt sind, ebenso wie gefäßbedingte Erkrankungen des zentralen Nervensystems bei älteren Menschen. Man weiß heute, dass viele dieser Erkrankungen zu den sogenannten "mitochondrialen Erkrankungen" zählen und auf den partiellen Funktionsverlust von Mitochondrien zurückzuführen sind. Diese Erkrankungsgruppe zählt mit einer Häufigkeit von 1 bei 5.000 Neugeborenen zu den häufigsten angeborenen Stoffwechselleiden.
Mitochondrien, die "Kraftwerke der Zelle", sorgen für die Bereitstellung einer für alle Zellen verwertbaren Energieform. Mutationen können diese Fähigkeit einschränken, so dass der zelluläre Energiebedarf nicht mehr hinreichend gedeckt wird. Dies wirkt sich besonders auf Gewebe und Organe mit hohem Energieumsatz, wie zum Beispiel das Nervensystem, negativ aus.
Eine sehr schwere Form von Leukoenzephalopathie, die "Leukoenzephalopathie mit Beteiligung von Hirnstamm und Spinalmark und erhöhtem Laktat im Gehirn" (kurz LBSL) beginnt zumeist im frühen Kindes- und Jugendalter und führt zu einem langsamen Verfall der Bewegungskoordination, begleitet oftmals von Krämpfen, epileptischen Anfällen und zunehmender Einschränkung der kognitiven Fähigkeiten. In jüngster Zeit hat man zeigen können, dass Mutationen in einem Mitochondrien-Gen namens DARS2 diese Erkrankung verursachen. Warum das so ist und welche Auswirkungen diese Defekte im Einzelnen haben, ist bisher jedoch nicht geklärt und somit Gegenstand des Forschungsprojektes von
Dr. Aleksandra Trifunovic.
Dr. Trifunovic verfügt über ein Tiermodell, bei dem sich das Mitochondrien-Gen DARS2 beliebig an- und abschalten lässt. Sie möchte daran den molekularen Mechanismen der Erkrankungen des zentralen Nervensystems nachgehen, um ein allgemein besseres Verständnis von den Abläufen zu bekommen, die neurodegenerativen Erkrankungen zugrundeliegen.