Funding Funded Projects Zwischen digitaler Bohème und Prekarisierung. Arbeit und Leistung in der Crowd

Zwischen digitaler Bohème und Prekarisierung. Arbeit und Leistung in der Crowd

Crowdwork beschreibt die digitale Auslagerung von Aufgaben oder Aufträgen über Internet-basierte Plattformen an einzelne Bearbeiter, die auf der ganzen Welt verstreut sein können.

Crowdworking scheint kein Randphänomen zu sein und wird auch von großen Firmen, wie IBM, Google, BMW oder der Telekom, genutzt. Mit der digitalen Arbeit in der Crowd entsteht so eine neue Art der Arbeit, deren Ausmaß und soziale Folgen bislang noch nicht ausreichend erforscht sind.
Ziel des Forschungsprojektes ist es, durch eine differenzierte empirische Analyse der Arbeitssituation und der Leistungsregulierung in der Crowdwork die potentielle Ausweitung des Phänomens und seine sozialen Folgen zu erklären. Die zwei zentralen Fragestellungen lauten: Wie wirken sich die Mechanismen der Leistungsregulierung in der Crowdwork auf die objektiven Arbeitsbedingungen und die subjektive Wahrnehmung der Arbeitssituation der Crowdworker aus? Und welchen Einfluss übt der soziokulturelle Hintergrund der Crowdworker auf die Motive für und Attraktivität von Crowdwork aus?
Einen ersten theoretischen Bezugspunkt bilden arbeitssoziologische Theorien der Leistungsregulierung, die insbesondere im Rahmen der Debatte um Arbeitsprozesse (Labour Process Debate) und der Theorie der Arbeitsmarktpolitik entwickelt wurden. Diese stellen eine Verbindung zwischen Leistungsregulierung und der Wahrnehmung der Arbeitsbedingungen her. Die zentrale Annahme lautet daher, dass Arbeitsbedingungen in der Crowd vornehmlich von den Mechanismen zur Leistungsregulierung abhängen. Zudem stützt sich das Vorhaben auf die Theorie der Subjektivierung der Arbeit, wonach Beschäftigte zunehmend den Wunsch an ihre Arbeit stellen, ihre Persönlichkeit und Kreativität einzubringen.
Die Organisation der Crowdwork findet in der Regel über dezentrale Plattformen statt. Untersuchungsobjekte des Forschungsvorhabens sind kommerzielle Formen der Crowdwork, die entweder Mikro-(Processing) oder Makroaufgaben (Solving) darstellen. Die Mikroaufgaben sind meist standardisierte Unterstützungsaufgaben, wie die Produktion von Kurztexten, Web-Recherche oder Datei-Kategorisierung. Hier funktioniert die Leistungsregulierung meist über Kontrolle in Form von Vortests, Peer-Assessment oder der Vermischung von tatsächlichen mit Testaufgaben. Makroaufgaben hingegen verlangen komplexere Problemlösungen und können Design, Programmierung und Testen von Softwareanwendungen umfassen. Da automatisierte Kontrolle bei diesen vielfältigeren Aufgaben nicht möglich ist, geschieht die Leistungsregulierung oft über Wettbewerbe. Von den eingehenden Lösungen zu einer Ausschreibung wird dabei nur die Gewinnende auch monetär entlohnt. Zudem finden Tools der digitalen Reputation, wie Rankings der erfolgreichsten Programmierer in Wettbewerben, Anwendung.
Dr. Krzywdzinski geht von zwei grundlegend verschiedenen Motiven zur Crowdwork in Abhängigkeit von der Art der Crowdwork (Mikro- versus Makroaufgaben) aus. Zum einen könne Crowdwork zu Mikroaufgaben eine Notstrategie für Personen sein, die auf räumliche und zeitliche Flexibilität angewiesen sind. Hier ist die Gefahr der Prekarisierung besonders hoch. Zum anderen könnten kreative und innovative Makroaufgaben in Crowdwork auch jene Personenkreise ansprechen, die den Autonomiegewinn und die Subjektivierung in der Arbeit zum Ziel haben. Diese auch als »digitale Bohème« bezeichnete Gruppe nimmt die Unsicherheiten der Arbeitsbedingungen somit bewusst in Kauf.

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